Taifun #19 hat es – anders als Faxai letzten Monat – prominent in die internationalen Medien geschafft. Schon während der vergangenen Woche wurde er zu einem Super-Taifun hochklassifiziert, entsprechend dringlich waren die vielen Warnmeldungen und Notfallpläne, die uns über viele Kanäle erreichten. Hagibis hatte direkten Kurs auf Tokio aufgenommen, so dass klar war, dass wir ab Samstagmorgen im Haus bleiben mussten und uns mit Essen und Wasser eindecken sollten. Da wir in einem relativ neuen Hochhaus wohnen und nicht in einem Einfamilienhaus aus Holz, mussten wir glücklicherweise nicht, wie viele andere, vorsorglich in eine Notunterkunft umziehen. Zudem wussten wir, dass Japan und besonders Tokio sehr gut auf extreme Wetterlagen vorbereitet ist. Die Notfallmaßnahmen werden routiniert verbreitet und verfolgt, ein gigantisches unterirdisches Tunnel- und Auffangsystem reduziert Gefahren durch Überschwemmungen und die Disziplin der Japaner sorgt für geordnete Vorbereitungen.
Dennoch, als Neulinge in Sachen Extremwetterbedingungen und mit zwei kleinen Kindern, die man 100%-in in Sicherheit wissen will, wird einem schon etwas mulmig, wenn sich die Supermarktregale immer weiter leeren und die Warnungen nicht abreißen. So habe ich mich Freitag mit Bube und Dame auch auf den Weg gemacht und unsere Essens- und Windelvorräte eingekauft. Benni hat die Wasserversorgung übernommen, so dass wir Samstag nicht mehr vor die Tür mussten. Draußen wurde es schon morgens immer ungemütlicher, der Regen hörte nicht mehr auf.
Die Kinder waren ganz angetan von der Taifun-Party zu Hause und räumten jedes Puzzle und Spiel ins Wohnzimmer, um den Tag fröhlich im Haus zu verbringen. Wir legten Taschenlampe und Batterien, Kerzen und Feuerzeug bereit und packten einen Notfallrucksack zur Sicherheit. Unsere Trinkwasservorräte ergänzten wir durch eine gefüllte Badewanne, falls die Wasserversorgung tatsächlich unterbrochen werden sollte. Alle Lüftungsdeckel in der Wohnung schlossen wir sobald der Wind deutlich zunahm und das in Hochhäusern übliche 24-Stunden-Frischluftsystem schalteten wir ab.
Warten auf #19
Danach hieß es nur noch abwarten und uns und andere möglichst nicht verrückt machen. Draußen war die sonst so übervolle Stadt menschenleer, ein sehr ungewohnter Anblick. Aus den anderen Präfekturen kamen teilweise Meldungen von Überflutungen und Evakuierungen, bei uns blieb es bis auf starken Regen und zunehmenden Wind unauffällig. Einmal kam eine Plastiktüte im 37. Stock vorbei geflogen, das war zum Glück alles, so dass wir die Kinder etwas später als sonst, aber sonst ohne Zwischenfälle ins Bett bringen konnten. Gegen 22:30 war Hagibis über Tokio hinweg gezogen und hinterließ ein ruhiges Shibaura um uns herum.

Tokio kommt zur Ruhe
Wie auch nach Faxai, empfing uns heute Morgen eine strahlende, wolkenfreie Stadt mit 28 Grad und Sonnenschein. Und wir haben gelernt: ruhig bleiben, den Warnungen folgen und sich nicht verrückt machen lassen und sind froh, dass hier nicht mehr passiert ist.

Morning After

Keine Spur von Hagibis

Der Fuji-San grüßt aus seiner Wolke