Pflaumenregen

So langsam fühlt sich dieses merkwürdige Zwischenstadium nach dem Lockdown und vor einem Ende der Corona-Krise halbwegs gewohnt an.

Der Schulalltag für die Kinder funktioniert sehr gut und sie genießen es, mit ihren Freunden und Lehrern zusammen zu sein und jede mögliche Minute draußen zu verbringen. Die kleine Dame geht mit ihrer Klasse jeden Tag mindestens einmal in den Park, der kleine Bube setzt mit seiner Gruppe und viel Hingabe den Innenhof der Schule mit dem Gartenschlauch unter Wasser. Und sich.
Benni arbeitet die meiste Zeit nach wie vor zu Hause, jetzt aber deutlich entspannter und ungestörter.

Und ich, ich gehe auch wieder in die Schule. Ich mache endlich meinen lange gebuchten und erwarteten Intensivsprachkurs. Vier Tage die Woche habe ich zwei Stunden Unterricht und weil es in der Klasse neben mir nur einen weiteren Wahnsinnigen gibt, haben wir quasi Privatunterricht, was wirklich effizient ist. Das und die Tatsache, dass wir jeden Tag nicht nur Hausaufgaben machen müssen sondern auch noch einen Test schreiben. Wir haben zwei Japanischlehrerinnen, eine für einen der vier Tage, die andere für die drei übrigen.
Nummer 1 ist die sehr entspannte, humorvolle Emiko-san, die in ihrem vergangenen Leben schon Tauchlehrerin auf den Fidschi-Inseln und Sprachlehrerin in der Slowakei war. Abe-san ist die Lehrerin, mit der wir am meisten Zeit verbringen und die ich nur Sensei nenne, wenn ich Benni von ihr erzähle. Sensei heißt Lehrer auf Japanisch und Abe-san hat sehr viel von meiner Vorstellung einer japanischen Lehrerin. Sie ist streng, fokussiert und überrascht gerne mit Sätzen wie „Oh, I don‘t know this comedian, I do not have a television“, „I don‘t drink!“, beides sehr energisch ausgesprochen oder „How do you manage to find your way with the trains, yesterday I had to travel to Ōsaki and I got completely lost. I come from the countryside, I get confused here.“ Dazu muss man sagen, Ōsaki ist drei Stationen von meiner Station entfernt, also super zentral und leicht zu finden. Sensei ist speziell, aber nicht auf eine negative Art. Ich lerne viel von ihr und habe sie gerne als Lehrerin, sie ist nur völlig anders als Emiko-san. Emiko ist übrigens ein Vorname und Abe ein Nachname, also schon in der Ansprache beginnen die Unterschiede.

3D465B89-CBD8-4171-B0F1-EDF9B863480D

Schulbank

6FC338F7-5C02-491A-A30F-7F4810F35389

Auch die Korrektur kann kawaii – Bärchen sagt, das habe ich gut gemacht

Naja, jedenfalls bin ich jetzt wieder Schülerin und muss echt ackern. Da ich den ersten Intensivkurs übersprungen habe, weil ich ja schon eine Weile Japanisch lerne, wird Hiragana, das erste der beiden „einfachen“ Schriftsysteme schon vorausgesetzt, gerne aber abgefragt. Zusätzlich lernen wir jetzt Katakana, also das Zeichensystem, mit dem vor allem Fremdwörter oder ausländische Namen geschrieben werden.

Ein neuer Name

Das Schöne ist, im Japanischen werden auch die Fremdwörter nicht einfach übernommen, sondern so umgelautet, dass sie zwar ausgesprochen ähnlich klingen wie das Original, aber in unsere Augen abenteuerlich geschrieben aussehen (wenn man sie in Romaji, also unser Schriftsystem, überträgt). Beispiel gefällig? Der Sky Tree, ein wichtiges Wahrzeichen der Stadt, heißt スカイツリー (sukaitsurī – bitte laut aussprechen…).
Die größte Offenbarung für mich aber ist mein Name! Als ich nach Japan kam, wurde mir mein Name wie folgt aufgeschrieben: シモネ (shimone, weil es interessanterweise zwar die Laute sa, se, so und su gibt, nicht aber si, das wird automatisch zu shi). So heiße ich also schon seit elf Monaten Shimone. Man gewöhnt sich an alles. Bis Sensei mal richtig hinhörte und feststellte, dass ich meinen Namen anders ausspreche. Und, Überraschung, weil Katakana ja für fremde Wörter gemacht wurde, gibt es auch Zusatzlaute, die mit ein paar Hilfszeichen gebildet werden, so auch ein ズィ(zui = zi = ausgesprochen als unser si). Hier wird ein großes zu von einem kleinen i begleitet und damit ein neuer Laut gebildet. Ich heiße also gar nicht シモネ, ich heiße ズィモネ. Ich bin entzückt!

Pikachu gratuliert

Entzückt war auch die kleine Dame, als sie dieser Tage ihren heiß ersehnten fünften Geburtstag feiern durfte. Dank Corona gab es zwar keinen Kindergeburtstag mit ihren Freunden am Nachmittag, aber wir haben uns aus den bereits geöffneten Möglichkeiten etwas anderes ausgesucht. Nach großem Geburtstagsfrühstück und anschließendem Ehrentag im Kindergarten ging es gleich weiter nach Nihonbashi ins Pokémon-Café. In Japan sind Themen-Cafés sehr beliebt und neben Tieren in Pet-Cafés vor allen Dingen Serienfiguren gewidmet. Um Pokémon kommt man in Tokio kaum herum, so kannten die kleine Dame und der Bube Pikachu und seine Freunde gut genug, um tellergroße Augen zu bekommen beim Anblick des bunten Cafés. Wie es sich für ein echtes Themen-Café gehört, waren auch das Essen und die Getränke quietschebunt. Zur Feier des Tages durften eine Pikachu- und eine Hitokage-Tasse mit nach Hause, aus denen seitdem andächtig Tee und Kakao getrunken wird.

So sieht Social-Distancing übrigens im Pokémon-Café aus:

Social Distancing

Niedliche Platzhalter

Tsyuyu

Wir können theoretisch also wieder rausgehen. Sonne genießen und so. Ging auch kurz gut und war fantastisch, dann kam tsuyu, die Regenzeit. Etwa einen Monat lang regnet es jetzt fast jeden Tag, mehr oder weniger ununterbrochen. Und das bei Temperaturen zwischen 20 und 27 Grad, Dampfsauna pur. Letztes Jahr sind wir in den letzten Tagen der Regenzeit angekommen, ab hier kennen wir uns also quasi aus klimatisch.

DAA93510-9B6A-4E12-9739-4E781A4125D0

Große kleine Regenfans

2EEC0D27-D343-4236-9F04-D2619CE3CD80

Begeisterung in Grenzen

Die Kinder sind gut ausgerüstet mit Regenjacke , Gummistiefeln und stecken auf dem Weg zum Bus trocken unter den Regenabdeckungen der Kindersitze. Ich versuche mit Regenjacke oder -poncho und Gummistiefeln, aber eben ohne Sitzabdeckung das meiste abzuhalten, was so leidlich gelingt auf dem Rad. Für eine Regenhose ist es mir dann aber wirklich zu warm, dann werde ich lieber vom Regen nass, als vom Schweiß. Das kommt noch früh genug wieder.

Durch die Massen an Menschen zu navigieren – ohnehin schon eine Herausforderung – wird durch die Regenschirmthematik auf die Spitze getrieben. Ich fühle mich bisweilen wie in einem alten Jump‘n‘Run Spiel, wenn ich den bunten Kreisen ausweiche, die vor mir oder gerne auch urplötzlich von der Seite auftauchen.

Die Kanji für Regenzeit setzen sich übrigens aus Regen und…es darf gerne geraten werden…einer Pflaume zusammen! Niemand? Wenn noch jemand daran gezweifelt hat, wie schwer die japanische Schrift inklusive der bedeutungstragenden Kanji ist, der Pflaumenregen ist ein schönes Beispiel. Klar, wenn Pflaumenzeit ist und es zusätzlich noch regnet, ist Regenzeit. Easy.

Pflaume

Pflaumenzeit

Auf Rüsselsuche

Sonntag hat Tsuyu mal eine Pause eingelegt und wir gleich mit. Wir haben das schöne Wetter genutzt, um Tokio mal kurz den Rücken zu kehren und sind ins benachbarte Yokohama gefahren.
Yokohama ist nach Einwohnerzahl die zweitgrößte Stadt Japans und Hauptstadt der Präfektur Kanagawa. Nur eine halbe Stunde Bahnfahrt entfernt und Standort der Deutschen Schule, ist es zudem ein beliebter Wohnort für Deutsche, die in Tokio oder Umgebung arbeiten.

Wir haben unseren Tag in China Town beginnen lassen, das größte Mini-China in Japan, und haben uns den Rest des Tages am Wasser rumgetrieben. Yokohama hat eine wirklich schöne Promenade. Das historische Fracht- und Passagierfest Hikawa Maru haben wir uns für den nächsten Besuch aufgehoben, da der Bube exakt davor in seinen Mittagsschlaf entschwunden ist.

Der Yamashita Park direkt an der Promenade war dann ein zu guter Platz für ein Picknick. Im Land der Konbinis ist es auch kein Hindernis, wenn man einfach nichts picknickartiges eingepackt hat: große Plane als Picknickdecke inklusive Heringe zum Festmachen für umgerechnet weniger als 3€, eine umfangreiche Auswahl an Sandwiches, Reisbällchen, Joghurts, Knabbersachen, kalten und warmen Getränken etc. – alles vorrätig für eine Pause.
Weiter am Wasser entlang sind wir bis zum Zō no hana Park gekommen. Zō ist der Elefant und hana ist die Nase, also im Wesentlichen Elefantenrüsselpark. Ursprünglich gab es an dieser Stelle des Ufers Dammkonstruktionen, die Elefantenrüsseln ähnelten, die heute allerdings nicht mehr da sind. Leider ist auch die große neuere Elefantenrüsselstatue, die wir gesucht hatten, nicht mehr da. Der Park verliert also scheinbar ganz gerne mal seine Nasen.

Nach einem Tag mit strahlendem Sonnenschein, kündigten sich im Nasenpark dann wieder die dunklen Wolken der Pflaumenzeit an, also ließen wir es für unseren ersten Yokohama-Trip dann mal gut sein.

75BA3BFD-E708-40DE-90D0-E9C1A5A29D46

Reiselust

22CF1E0C-9F21-4EC5-A4A0-8FF9873C50DB

Tor zu China

07612805-A932-4152-80EB-37C1819D98D3

Zuckererdbeeren

AEE8538C-1CEB-4797-BCF8-73E9D252433CE30B7696-1F19-4B13-84D8-BF165A27A283

666B60AA-BB09-45B4-94B7-CC3FA5967094

New normal?

0E91FE36-C886-4D27-9C78-77EE7DC93554

Die Hikawa Maru

070F4A16-FE11-4414-946B-E501676AD025

Auslauf an der Promenade

EC5D50F3-F4FE-491E-96F7-8F227CF506AD

Konbini geht immer

82C98177-46A7-48D0-9359-2A67A2F1683A

Doch noch ein Elefantenrüssel

6C0F77FD-F3DF-483C-957D-BD2D7DA7A3CF

Straßenstreuner

Ich wurde neulich gefragt, wie es wohl jenseits der ausgewählten Bilder so in Tokio aussieht.

Ich habe mich schon so an die Stadt und ihr Erscheinungsbild gewöhnt, dass ich erst einmal überlegen musste, ob es so anders als in Deutschland ist. Ich empfinde es ja abseits der bunten Vierteln wie Shinjuku oder Roppongi als erfrischend normal und unaufgeregt und habe zum Abschluss mal ein paar ganz alltägliche Straßenbilder von meinen Wegen angehängt.

281D9271-EC5C-45DA-9936-12AC0F065AAD

Hier hält der Schulbus

62ADB503-02A0-466E-8114-7F2FDA96E082

Der Tokyo Tower ist allgegenwärtig in Minato-ku

9583185C-DABD-4F21-9B1D-2278654BF0A6

Restaurant in Azabu-Jūban

F3F207A4-4914-40BC-9852-55A7A39B44E5

Gemütliche Einkaufsstraßen von Azabu

383CF5DD-7944-45A0-9CBB-29671F3B1DCD

CA027E84-C4F2-4236-9E87-4BEF630438E4

Seitenstraße in Ginza

5BC02C27-58F0-468F-AACF-7089725EC5B8

Die Fußgängerampeln zeigen rote/grüne Punkte an und zählen runter bis sie die Farbe wechseln, bei z.T. sehr großen Straßen eine echte Hilfe zum Einschätzen, ob man es wohl noch schaffen könnte

Fahrrad

48FF0C01-B2C9-4AE3-B069-A751949F7CFF

Fahrradparkhaus in Azabu-Jūban, wild parken ist verboten, Räder werden abgeschleppt

3EB4CF78-9D59-45D2-BDCE-449F88ED374D

Das Rad kommt in Fahrradständer mit Schloss, die automatisch verriegeln…

97947B57-C65F-436D-B255-E805012E9548

..und erst wieder entsperren, wenn am Parkautomat bezahlt wurde

Autos

6F7E9189-B686-4E92-84F7-6C5A76564AFE

Parkraum für Autos ist knapp

C6A442C8-18EC-42F0-8C6E-FC1281140002

Platz zum Abbiegen auch, dafür gibt es Drehscheiben, die das Auto in die richtige Position zum Ein- und Ausfahren bringen

28C292A0-AF7E-4EEB-9281-F6CE4B29F3B6

Straßen werden gerne gestapelt

911CF0ED-B3E5-4A4F-B735-1FAF0E99C6C7

Unter einem Straßenstapel

Bahn

D2FE9B86-3879-4D1A-AEA6-91AD73DA8811

Ticket Gates

977B308D-DF24-4AA4-9F4F-8B14C89732FC

Viele Bahnsteige sind sehr gut mit Absperrungen gesichert

Nachholbedarf

So. Ich bin so lange nicht zum Schreiben gekommen, dass ich wohl offiziell sagen kann: ich bin angekommen. Angekommen im ganz normalen Alltag in Tokio. Meine Vormittage sind mit Erkundungstouren, Einkäufen, Hausarbeit, Kursen und ab und zu inzwischen sogar mit Treffen mit einer anderen Mama gefüllt. Nächsten Monat mache ich dann noch einen Intensivsprachkurs 4 Tage die Woche, da wird es morgens noch voller. Meine Nachmittage gehören meinen unerschrockenen Nachwuchsexpats. Wenn dann ab 20.30 Uhr wieder Ruhe einkehrt, schaffe ich meistens noch etwa 10% von den geplanten Tätigkeiten, dann ist Schicht im Schacht. Nicht, dass das in Deutschland anders war. Ganz normaler Alltagswahnsinn in immer gewohnterer Umgebung also.

Was aber hatte besagte Umgebung in den letzten Wochen so zu bieten für uns? Nach einem wirklich schönen Weihnachtsurlaub in Deutschland, sind wir am 31.12. nachmittags wieder in Tokio gelandet. Nach einem Einkauf und dem üblichen Auspack-Wahnsinn wurde noch ausgiebig mit allen Weihnachtsgeschenken aus Deutschland gespielt, die endlich alle aus ihren diversen Taschen und Koffern befreit waren und voll und ganz zur Verfügung standen. Wer jetzt glaubt, es gab dann noch das große Silvesterfeuerwerk wenigstens für die größeren Familienmitglieder – keine Chance. Aus gleich zwei sehr entscheidenden Gründen. Nummer 1: Wir haben tief und fest geschlafen. Nummer 2: In Japan gibt es üblicherweise kein Silvesterfeuerwerk. Es wird im Gegenteil eher ruhig im Kreis der Familie gefeiert und das Neue Jahr wird am nächsten Tag mit dem Besuch eines Schreins begrüßt. Den Teil mit der Ruhe und der Familie haben wir also tadellos japanisch gemeistert. Die letzten freien Tage haben wir den Jetlag von der Leine gelassen und es außer einem Abend zu zweit in Ginza und einem Ausflug nach Odaiba alle zusammen seeeehr langsam angehen lassen. Frohes Neues Jahr der Ratte!

C24EDEAD-D6E4-49DB-8A25-D137FDC5AD99

Die Rainbow-Bridge hat sich hübsch gemacht für unsere Rückkehr

E1C6D833-C1CF-40B7-AF0D-840FAEDD2409

Kunst von Klaus Haapaniemi in einem von Ginzas Einkaufstentren

Spielerischer Auftakt

Wieder halbwegs in den normalen Wochenablauf gestartet, haben wir uns als erstes neues Ausflugsziel des Jahres das Spielzeugmuseum In Shinjuku ausgesucht. Anders als im Spielzeugmuseum in München, darf hier allerdings nach Herzenslust mit allen Exponaten gespielt werden. Lernspielzeug, traditionelles japanisches Spielzeug, Holzspielzeug, Musikinstrumente, Motorikspielzeug, es gab viel zu entdecken.

Schnitzeljagd durch Tokio

Kommen wir zu einer sehr kreativen Idee der U-Bahngesellschaft Tokyo Metro – Achtung, wir betreten ein wenig Nerd-Land! Wer kennt Escape-Games? Räume, in denen mehrere Spieler versuchen Rätsel zu lösen, Codes und Schlösser zu knacken und mit ganz unterschiedlichen Rahmenhandlungen kleine Geschichten durchzuspielen, die alle am Ende dazu führen sollen, den Raum als Sieger wieder verlassen zu können. Liebt man oder hasst man, schätze ich. Ich finde sie großartig. Ich mag schon die Brettspielvariante für zu Hause, aber die echten Spiele umso mehr. Benni und ich haben uns letztes Jahr schon durch Frankfurts, Dubrovniks und Wiens Escape Rooms gepuzzelt, was das Zeug hält. Da es aber nicht wirklich eine kleinkindtaugliche Freizeitbeschäftigung ist, kommen wir nicht so oft dazu. Hier in Tokio haben wir noch nicht mal danach gesucht bisher.

Nun habe ich aber dank Tokyo Metro einen unterhaltsamen Ersatz gefunden: the Underground Mysteries (jetzt bitte Trommelwirbel vorstellen). Jedes Jahr im Herbst erscheint eine neue Ausgabe des Live-Rätsels. Man kauft sich an einer der Stationen ein Spieleset und erhält ein Täschchen mit Heft, Stift und mehreren Umschlägen oder anderen Gegenständen, die man noch nicht näher untersuchen darf. Dann geht es los: das Heft leitet durch das Spiel, das einen zu verschiedenen Bahn-Stationen der Tokyo Metro führt, welche man vorher jeweils erst errätseln muss. Dann muss man ein oder meist mehrere Rätsel an dem erratenen Ort lösen und weiter geht’s. Es ist also eine Mischung aus Schnitzeljagd und Escape-Game. So bin ich schon durch Kōtō gestreunert, um Bildern auf dem Bürgersteig zu folgen. Oder mysteriösen Handabdrücken in Hibiya auf den Grund gegangen. Zur jeweiligen Station gibt es dann noch Tipps und Informationen zur Umgebung wie zu Museen, Cafés, Restaurants, Parks etc., die es sich lohnt anzusehen. So führt einen das Spiel durch Tokyo und konzentriert sich dabei auf die nicht so bekannten Seiten der Stadt, die man damit auch mal kennen lernt. Unterwegs habe ich schon viele andere Rätsellöser mit dem Heft in der Hand gesehen, es scheint sowohl Tokiotern als auch Touristen gleichermaßen Spaß zu machen.

Leider werde ich das Spiel diese Saison nicht mehr abschließen können, da es Ende Februar beendet wird und inklusive der ganzen Bahnstrecken wirklich Zeit kostet. Nächstes Mal fange ich gleich im Oktober damit an.

32D5F699-0C44-4C1F-8DDD-A7786A7A8B1C

Rätselmaterialien

6E494779-B449-4316-BDB1-055ED5A006E7

Auf Bildersuche

6206E6E4-EFE4-434E-AC99-83C90A55BC11

Handabdrücken auf der Spur (Denkt noch jemand an Han Solo?!)

Roboterkarneval

Neben Pet-Cafés, psychedelisch bunten Einkaufsstraßen oder Monster-Café ist auch das Robot Restaurant in Shinjuku ein beliebtes Ziel für Touristen und ein weiteres Beispiel für abgedrehtes japanisches Unterhaltungsprogramm. Es war ohnehin mal wieder an der Zeit für ein bisschen Irrsinn, da traf es sich ganz gut, dass Bennis Chef zu einem Teamevent mit Anhang einlud: Besuch des Robot Restaurants mit anschließendem Abendessem in einem Shabu-Shabu Restaurant. Wer sich jetzt fragt, wieso es zwei Restaurants hintereinander sein müssen, dem sei versichert, dass das Robot Restaurant streng genommen weder mit Robotern noch mit einem Restaurant viel gemeinsam hat. Man kann zwar ein paar fragwürdige Chickenteile oder Popcorn ordern und jede Menge zum Großteil ferngesteuerte Maschinen bewundern, das war es aber auch mit dem kulinarischen oder roboterartigen Anteil. Dafür wird eine völlig abgedrehte 90-minütige Show geboten, die mich abwechselnd amüsiert und befremdet hat und insgesamt etwas ratlos zusehen ließ. Auf riesigen fahrbaren Aufbauten tanzen und bekämpfen sich Helden und Unholde in einem großen Spektakel aus Musik, Lasershow und Schauspielkunst. Ein bisschen wie eine Mischungs aus Karnevalsumzug und skurrilem Theater. Helau!

4E69CE04-8A23-4E21-8371-9152F4D3E7AB19CC701C-43D3-4E2E-BEFC-5CD1760DA9C9B9F1D662-B216-43A0-B842-AD59FEC7BAF7AD29ED77-3CC5-43D4-96BB-50EDEA7DA7CDFF88EE10-61CC-4E01-86CD-3A5DA64A3BBE

Danach ging es dann wie geplant noch zum Essen. Shabu-Shabu ähnelt unserem Fondue. Sehr dünn geschnittenes Fleisch und Gemüse wird am Tisch in kochendem Sud gegart und anschließend in Soße gedipt. Sehr lecker und ein schöner Abschluss des Abends.

Raus aus Tokio

Im Februar durften wir auch mit Adrian unseren ersten Gast in Tokio willkommen heißen. Adrian und ich kennen uns schon seit dem Kindergarten (also inzwischen erschreckend lang) und ich habe mich sehr über seinen Besuch gefreut. Vieles habe ich mit ihm noch ein zweites Mal gesehen, aber es bot sich so auch an, Tokio mal hinter uns zu lassen und etwas Neues zu machen.

Kamakura ist nur etwa eine Stunde mit dem Zug entfernt von Tokio und war vom 12. bis 14. Jahrhundert Regierungssitz Japans. Von den vielen vorhandenen Sehenswürdigkeiten haben wir uns vor allem die Tempel Hōkuku-ji und Kōtoku-in ausgesucht. Ersterer ist bekannt für seinen wunderschön angelegten Bambuswald, der Kōtoku-in für seinen Daibutsu, einen riesigen, über 13 Meter hohen bronzenen Buddha aus dem 13. Jahrhundert. Kamakura ist ein willkommener Kontrast zu Tokio und auf jeden Fall einen Besuch wert.

1FDDEEF1-9CAC-4745-B779-6DE0998AF551

Bambuswald des Hōkoku-ji

DAB9C43F-7A92-4DF4-BCE4-5291D80F6BAAC0AE627B-757A-4769-9F61-21BB366DAE267DBC4755-63A7-47F4-AC3E-6ECAC07A8AC6

82167ADD-D760-49C5-9022-9C76CA3D70FB

Daibutsu

Neue Perspektive

Mit Adrian war ich auch noch einmal auf dem Tokyo Tower, der bei gutem Wetter aber immer etwas hermacht, auch wenn er mittlerweile so etwas wie der alte Herr der Aussichtspunkte ist. Was ich noch nicht wusste: man kann ab dem Main Deck auch die Treppe nach oben nehmen. Oder man macht es wie wir und nimmt sie einfach auf dem Rückweg nach unten und hat während des Abstiegs diesen Teil des Turms ganz für sich alleine.

6C5009E2-2604-4BEC-9FDB-D4EF3E0638138E16EF1A-95A4-443D-998C-DE80602D0B5C13B867B7-76A4-4614-A9CB-B20B42DD29C8

Sammlerstücke

Schon letztes Jahr hatte ich von Nagomi Visit gehört, einer Organsiation, die Japaner und Ausländer buchstäblich an einen Tisch bringt. An den Tisch der japanischen Gastgeber um genau zu sein. Beide Seiten können sich registrieren, um für die jeweilige Gegend ein passendes Treffen entweder zum Mittag- oder Abendessen zu vereinbaren. Dann trifft man sich an der nächstgelegenen U-Bahnstation und wird von den Gastgebern in ihre Wohnung begleitet, wo ein hausgemachtes Essen und kultureller Austausch warten. Ich fand die Idee sehr schön und hatte es schon auf meiner To-Do-Liste, als Adrian auch vorschlug, Nagomi Visit auszuprobieren.

So vereinbarten wir ein Treffen mit einem Pärchen aus dem Stadtteil Ōsaki und wurden sehr herzlich empfangen und bekocht. Izumi und ihr Mann, dessen Name mir schändlicherweise entfallen ist, waren bestens vorbereitet, schließlich waren wir schon die 41. Besucherrunde, die sie zu Gast hatten. So war der Selfie-Stick für das Gruppenfoto schon fertig in Position installiert, die Menükarten vorbereitet und das Gästealbum bereit gelegt. Ein bisschen wurden wir das Gefühl nicht los, wie lebendige Trophäen in das Sammelalbum der ausländischen Gäste eingefügt zu werden, aber alles auf eine sehr liebenswerte Art. Man ist ja auch nicht alle Tag ein Exot.

Izumis Mann hatte sich vorab extra die Mühe gemacht, unsere Namen auf Kanji zu übersetzen und Visitenkarten mit den einzelnen Bedeutungen vorbereitet. Die Übersetzung in Kanji ist streng genommen rückwärts, da jedes Kanji in der Regel eine eigene Bedeutung hat und dementsprechend Worte und Sätze gebildet werden. Da unsere Namen keine Bedeutung haben, bzw. diese für einen Japaner nicht ohne weiteres auszumachen sind, hat unser Gastgeber die Kanji nach ihren Lauten zusammengesetzt, so wie man es in Hiragana und Katakana tun würde. Simone setzt sich nach dieser Methode aus den Kanji für Baum, Knospe und Geräusch zusammen. Gestatten: Baumknospengeräusch.

Unsere schicken neuen Namen hat er dann noch genutzt, um uns Shodō, also die Kunst der Kalligrafie, vorzuführen. Danach durften wir uns auch selbst mit dem Pinsel versuchen. Sehr interessant und eine schöne Idee, um uns japanische Traditionen näher zu bringen. Satt, zufrieden und reich beschenkt mit unseren Visitenkarten, einem Tengui (japanisches Tuch, das als Geschenkverpackung, Geschirrtuch, Tischläufer oder ähnliches verwendet werden kann), einer Brosche und unserer Shodō-Kunst wurden wir schließlich verabschiedet.

F03451D5-8B07-48CB-8EFF-10C8CE689E7EE8E99A75-5643-4A11-B161-CFFE302F8028

9F0D52F5-74E0-4817-BE62-3B225DC4FEC8

Shodō

546D6565-DCF7-4C90-A4C2-EEF620BC0AC5

Mein Versuch

812AEE1C-F7B1-4671-96B1-90F54FE8DE5D

Reich beschenkt

Ein paar Worte zu COVID-19

Neben allen schönen und alltäglichen Dingen, die uns hier begegnen, betrifft uns natürlich, wie den Rest der Welt auch, das Coronavirus. Aktuell gibt es 870 gemeldete Fälle einer Erkrankung in Japan, 709 davon stehen in Zusammenhang mit den Erkrankungsfällen auf dem Kreuzfahrtschiff Diamond Princess. Letzteres darf man nicht außer Acht lassen, um die Beunruhigung vorerst nicht zu groß werden zu lassen.
Japans Gesundheitsministerium reagiert aktuell mit folgenden Verhaltensempfehlungen:

  • mit Erkältungsanzeichen zu Hause bleiben und Besuche in Krankenhäusern unterlassen
  • große Menschenmassen vermeiden
  • häufiges und gründliches Händewaschen
  • beim Niesen Mund und Nase bedecken

Zusätzlich empfiehlt die Regierung allen Arbeitgebern, ihren Mitarbeitern Homeoffice zu ermöglichen, gestaffelte Arbeitszeiten zu erlauben, um die Rush-Hour in Zügen zu vermeiden, und sicherzustellen, dass Mitarbeiter mit Erkältungssymptomen Krankheitstage nehmen können.

Masken und Handdesinfektionsmittel sind ausverkauft, was zum Teil zu kreativen DIY-Lösungen aus selbstgenähten oder zusammengetackerten Papiertüchern/Kaffeefiltern etc. führt. Was ihre Masken angeht, werden Japaner wohl an einem wunden Punkt getroffen, wenn es hierbei zu Lieferengpässen kommt. Experten weisen jedoch immer wieder darauf hin, dass eine gründliche Handhygiene sehr viel effektiver ist, als das Tragen von Gesichtsmasken. Masken helfen allerdings, sich gerade unterwegs nicht ins Gesicht zu fassen und damit Krankheitserreger zu verteilen. Solange wir noch Masken im Haus haben, benutze ich sie daher für Fahrten mit der Bahn, achte aber vor allen Dingen bei uns allen auf häufiges Händewaschen.

Abgesehen davon verfolgen wir aufmerksam die Berichterstattung und versuchen, uns nicht unnötig zu beunruhigen.

E7FC3C4D-DB44-4C19-B951-333E8FDC07A2

 

 

Erst Japan, jetzt Japanisch

Hajimemashite, Simone desu. Yoroshiku onegaishimasu.

Jahaaaa, unser Japanischunterricht hat begonnen und ich kann mich schonmal vorstellen [ungefähr: Wie geht es Ihnen, ich bin Simone. Schön, Sie kennen zu lernen.“]. Die Übersetzung ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, da die Umgangsformen nicht mit den deutschen oder englischen übereinstimmen. „Hajimemashite“ zum Beispiel wird nur verwendet, wenn man jemanden zu ersten Mal trifft, wogegen „Yoroshiku onegaishimasu“ sehr häufig und verschieden eingesetzt wird, auch etwa als Dank und Wertschätzung einer bevorstehenden Dienstleistung. Das kann ich also zu unserem Busfahrer sagen, wenn ich die Kinder das nächste Mal zum Bus bringe. Bisher beschränkt sich unser Austausch auf freundliches fuchtelndes Winken und „Good Morning!“.

Workbooks

Viel zu tun

Ich jedenfalls freue mich wie ein Schnitzel, weil ich endlich ein bisschen Licht ins Sprachdunkel um mich herum bringen kann, aber alter Schwede, das wird harte Arbeit. Vor allem die Schrift ist eine Zicke. Drei verschieden Schriftsysteme kommen zum Einsatz, und das nicht hübsch voneinander getrennt, sondern gerne innerhalb eines Satzes alle zusammen. Die komplizierteste Form, das aus dem Chinesischen entstandene Kanji, besteht aus etwa 3.000 regelmäßig verwendeten Zeichen, die als Logogramme alle eine eigene Bedeutung haben und mehrere mögliche Lautformen. Das lernen wir nicht. Puh. Erstmal lernen wir Hiragana, das vereinfachte gängige Silbenschriftsystem, mit immerhin noch etwa 50 Grundzeichen. Für Fortgeschrittene wäre dann noch Katakana hilfreich, das hauptsächlich für Fremdwörter oder Lautwörter verwendet wird. Zum Beispiel auch für unsere fremden Namen.

Simone: ジモーネ

Ich fühle mich wieder wie in der Grundschule, als ich A nach A in eine Zeile geschrieben habe, um unsere Schrift zu lernen. Und wie damals klingt es auch, wenn ich versuche, zu lesen: „…a..aaa..A…..i..i…iiii…I….Ai…Ai!“ Hat man die Laute dann identifiziert und aneinandergereiht, muss man nur noch wissen, was „Ai“ nun eigentlich heißt. Liebe. ❤️

A propos Liebe, Benni ist übrigens mein Otto! Otto ist der Ehemann und ich muss immer noch lachen. Das haben wir letzte Woche in unserem Wörterbuch gelernt und als ich dann noch Glatze und Bart nachgeschlagen habe, war es hier für eine Weile völlig aus, als wir uns vorgestellt haben, wie ich Benni wohl beschreiben würde, wenn ich ihn suche: „Otto!“ Wildes Fuchteln und Tippen auf den Kopf: „Hage!“ Weiteres Gestikulieren Richtung Kinn: „Hige!“ Ich bin zuversichtlich, dass ich ihn wiederfinden würde…

Schwäne, Pandas und Pinguine

Sonst waren wir diese Woche viel draußen, am Wochenende mal wieder in Ueno Park, in dem es einfach viel zu sehen und zu tun gibt und wir Dank unserer Jahreskarten auch immer gut einen Abstecher in den Zoo machen können. Dazu haben wir dieses Mal eine kleine Tretbootfahrt auf dem Parkteich gewagt – in einem pinkfarbenen Schwan. Die kleine Dame hätte es nicht besser aussuchen können und war zufrieden. Benni und ich, beide mit überdurchschnittlich und in Japan geradezu grotesk langen Beinen ausgestattet, traten nur, wenn es sein musste und schipperten ein bisschen zwischen den übrigen Schwänen umher. Als Belohnung gab es eine Art Minipfannkuchen in Pandaform. Alle begeistert.

7A36FBEB-984C-4BBE-8414-1A2B0E6A2E16

Wie Sie sehen, sehen Sie Pink

D0C21AD6-D555-4378-89FE-A4B4C5AF5F3D

Erhöhtes Schwanaufkommen

1586CFCF-72FB-4B6E-9099-B2A65D198635

Panda zum Naschen

So langsam haben wir hier auch eine stattliche Auswahl an größeren und kleineren Spielplätzen in Laufweite zusammengesammelt, nachdem wir diese Woche den fünften entdeckt und erobert haben. Leider etwas zu spät für den dazugehörigen Splash-Water-Spielbereich mit Pinguinen, der letzte Woche Saisonende hatte. Nächstes Jahr…

8B6CAB1E-7E4C-4BBF-AFE1-2FAE0854D6F5

Spielplatz in Sichtweite (unser Haus ganz rechts)

C233D1A9-EF14-4D0F-A010-D28A380E9200

Bereit zum Entern

E0165576-BE62-4E5D-8584-610065893F89

Pinguine auf dem Trockenen

Montag war hier mal wieder Feiertag. Tag zur Ehrung der Alten. Wie die Berge auch, haben wir die Alten ausgelassen, dafür aber uns ein bisschen in Ehren gehalten. Der Kindergarten blieb offen, so dass Benni und ich eher unerwartet einen freien Vormittag zu zweit hatten. Mein Otto und ich waren also ein bisschen in Shibuya bummeln und Kaffee trinken. Und Matcha-Tee. Feiner Montag.

Matcha

Sieht aus wie ein Schluck Sumpf, schmeckt aber super