Herbst in der Pipeline

Ich bin mit meiner Berichterstattung leider ordentlich ins Hintertreffen geraten und erhalte – zurecht – schon Nachrichten, was denn hier los ist. Zunächst einmal: lieben Dank für die Nachrichten, das Feedback und das Interesse an unseren Japan-Abenteuern! Ich freue mich über jede einzelne Rückmeldung sehr. Viele kleine Einblicke in unseren Alltag teile ich inzwischen auch regelmäßig auf Instagram (@simone_in_tokio) und freue mich auch hier über euch, wenn ihr Lust habt.

Mein letzter Beitrag aus dem Herbst steckte noch in der virtuellen Pipeline, daher reiche ich jetzt erst einmal diesen nach, bevor wir wieder in der winterlichen Gegenwart ankommen.

Unser Herbst hat hier in Japan mit angemessener japanischer Disziplin am 22. September mit einem Feiertag begonnen. Mit Disziplin, weil gefühlt selbst die Bäume wissen, was sich gehört und just an diesem Tag begonnen haben, die Blätter einzufärben. 
Der Herbst ist hier bis auf ein paar Regentage eine herrliche Jahreszeit. Es ist noch relativ warm, aber die Schwüle des Sommers ist verschwunden, die Luft ist klar und der Himmel oft geradezu unverschämt blau.
Unsere aktuellen Corona-Zahlen erlauben uns noch einen verhältnismäßig normalen Alltag. Anlässlich meines Geburtstags letzte Woche haben wir uns sogar ein paar Tage nach Okinawa verkrümeln können. Ein großer Luxus inmitten einer Welt, in der Reisen alles andere als selbstverständlich sind.

Okinawa ist eine japanische Präfektur mit über 150 Inseln im Ostchinesischen Meer. Miyako-jima, wo wir im Juli waren, gehört auch zu Okinawa. Diesmal ging es auf die Hauptinsel. Die Sommersaison war gerade zu Ende gegangen, so dass die großen Massen ausblieben, wir uns aber immer noch über 22-26 Grad und Sonnenschein freuen konnten. Die Insel ist wunderschön Grün, was gerade im Vergleich zu Tokio eine angenehme Abwechslung war. Nach einem Tag am Strand und im Pool durfte ein Besuch im Okinawa Churaumi Aquarium nicht fehlen. Besonders die großen Walhaie und die Riff-Mantas waren sehr beeindruckend.

Am letzten Tag hatten wir noch Zeit für eine kleine Höhlenwanderung – die erste für den kleinen Buben und die zweite für die kleine Dame (bei der ersten auf Mallorca steckte si allerdings noch als Baby in der Trage und war mäßig begeistert von der merkwürdigen Umgebung). Beide Nachwuchshöhlenforscher schritten begeistert voran und erkundeten Stalagmiten und Stalagtiten.

Jungle Love
Meine Mama hat immer gesagt, 40 sei ihr Lieblingsalter gewesen. Auf dich, Mama!

Okinawa hat übrigens kleine Wächter: die Shīsā. Sie sehen ein bisschen wie eine Kreuzung aus Löwe und Hund aus und sitzen in Pärchen an Eingängen und auf Hausdächern. Der linke Shīsā hat seinen Mund geschlossen und hält das Gute im Haus, der rechte Wächter hat seinen Mund geöffnet und vertreibt die bösen Geister.

Stadtleben

In Tokio sind wir dankbar um jede Woche, die relativ normal machbar ist. Aktuell ist auch hier eine dritte Welle deutlich zu erkennen, wir warten noch ab, ob es Änderungen geben wird.

Der Kindergarten organisiert mit viel Umsicht und Aufwand so viele Events aus den letzten Jahren wie in Zeiten von Corona noch möglich sind. Eines davon war Potatoe Digging auf einer Farm. Hier konnten die größeren Stadtkinder sich mal die Hände schmutzig machen und auf einer Süßkartoffelfarm Kartoffeln ernten. Die kleine Dame hatte einen Riesenspaß und brachte stolz ihre Beute mit nach Hause. Um sich dann plötzlich daran zu erinnern, dass sie ja eigentlich gar keine Süßkartoffeln mag. Wir haben dann Süskartoffelchips daraus gemacht, Chips gehen offenbar immer.

Halloween konnten wir in abgewandelter und reduzierter Form auch wieder feiern und da man in Japan und in der internationalen Schule umsonst nach einem Faschingsfest sucht, ist es als einzige Chance, sich zu verkleiden, sehr willkommen. So machten sich der kleine Buzz Lightyear und Jessy (beide Toy Story) völlig im Glück auf den Weg zum Spielplatz, wo es kleine Trick or Treat-Beutel gab. Und ein Schmetterling war auch dabei…

Mal wieder ein bisschen Aussicht

Nachdem wir in unserem ersten Jahr hier so ziemlich jede Aussichtsmöglichkeit genutzt haben, die wir gefunden haben, gab es erstmal eine lange Pause. Neulich war es dann aber mal wieder Zeit und wir sind mit dem Daikanransha auf Odaiba gefahren. Das bunte Riesenrad kannten wir schon, aber noch nicht im Dunkeln. Drei von uns waren hingerissen – der kleine Bube muss im letzten Jahr eine ordentliche Skepsis vor Höhen entwickelt haben (trotz Wohnung im 37. Stock). Er wäre lieber gleich wieder runter gefahren, hat aber auf Bennis Schoß und mit sparsamem Gesichtsausdruck tapfer durchgehalten.

Meine Zeit

November war ja schon immer mein liebster Monat und Herbst meine Jahreszeit. In Deutschland ist das immer schwer zu erklären mit vielen Regen- und Nebeltagen. In Tokio ist der November hingegen schlicht perfekt: fast durchweg strahlender Sonnenschein bei um die 16 Grad und klarem, blauen Himmel zusammen mit bunten Blättern. Wenn unbeschwertes Reisen irgendwann wieder möglich ist, und jemand von euch mit dem Gedanken spielt, Tokio zu besuchen (was ich ohnehin und ohne jedes Zögern dringend empfehle): kommt im November!

Ich habe den strahlend schönen Sonnenschein genutzt, um ein paar Ausflüge zu machen, die ich schon lange auf meiner Wunschliste hatte.

Die beste Aussicht, die ich beim Yoga je hatte

Lächeln und winken

Es gibt sehr viele Tempel und Schreine in Tokio, manchmal nur ganz kleine, fast unscheinbar zwischen zwei Häuser gequetscht. Einer der größeren und sehr bekannten ist der buddhistische Gōtoku-ji in Setagaya. Besser bekannt als „Maneki Neko“- oder „Winkekatzen“-Schrein, gehen verschiedene Gründungsgeschichten zurück auf die Legende der Tempelkatze Tama, die wahlweise einem Fürst das Leben gerettet hat, indem sie ihm während eines Gewitters zugewunken hat und er deshalb seine Deckung unter einem Baum rechtzeitig vor dem folgenden Blitzeinschlag verließ, oder die eine Reisegruppe einflussreicher Herrschaften durch ihr Winken zu dem Tempel brachte. In jedem Fall waren Unterstützung und Reichtum für den Tempel die Folge der Begegnung mit Tama, so dass sie heute noch als Glücksbringer verehrt wird. Auf dem wunderschönen Gelände des Gōtoku-ji sind Tausende Maneki Nekos in allen Größen aufgestellt, die Besucher mit Wünschen ausgestattet zurückgelassen haben. Ein wirklich beeindruckender Anblick.

Viele kleine Wunscherfüller an der Arbeit

Weitläufige Tempelanlage

Ein weiterer Schrein stand auch auf meiner Liste: der Nezu-jinja, der besonders für seine roten Torī vor dem Otome-Inari-jinja auf dem Gelände bekannt ist. Die meisten Bilder, die man von roten Torī in Japan sieht, stammen aus dem berühmten Fushimi Inari-taisha in Kyōto. Die des Nezu-jinja sind kleiner und nicht ganz so geläufig, aber einen Besuch mehr als wert.

Torī markieren den Übergang des Profanen zum Heiligen und stehen an vielen Eingängen zu Schreinen. Oft ist es nur ein Tor und nicht immer sind sie rot, aber ohne Frage sind sie am beeindruckendsten, wenn sie als ganzer strahlend roter Gang zum Schrein hinführen.

Otome-Inari-jinja

4 Gedanken zu “Herbst in der Pipeline

  1. Gila schreibt:

    Ich freue mich jedesmal, wenn ein neuer Beitrag angekündigt wird und bin immer begeistert. Deine Art zu schreiben ist leicht, informativ und immer spannend. Dir und Deiner Familie wünsche ich ein weiteres schönes und spannendes Jahr in Japan. Ich wünsche mir noch viele solcher Beiträge. Bitte bleibt alle gesund.

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    • Simone schreibt:

      Liebe Gila, vielen Dank für deine Liebe Nachricht und dass du uns so aufmerksam folgst bei unseren Japan-Abenteuern. Ich werde mich wieder um regelmäßigere Beiträge bemühen. Viele Grüße aus Tokio und einen guten Start ins Neue Jahr!

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  2. Grit Sauer schreibt:

    Ich freue mich auch regelmäßig von dir zu hören. Du schreibst so toll.
    Auch wenn ich mittlerweile deine Beiträge auf Instagram verfolge, werde ich auch weiter deinen Blog lesen.
    Liebe Grüße aus dem verschneiten Sankt
    sendet Grit

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