Von Igeln und Möbeln

Tokio ist ja so einiges: groß, laut, bunt, vielseitig, voll,  ungewöhnlich. Am Mittwoch war es an der Zeit, mal etwas Ungewöhnliches auszuprobieren.

Nachdem ich vormittags leichtsinnig ohne Schirm in der noch ausklingenden Regenzeit aus dem Haus gegangen war und nach kurzer Zeit mit zwei kleinen Schlammschweinen ähnelnden Kindern wieder vom Spielplatz zurückkam, machten wir uns nachmittags zu einer Überraschung für die Kinder auf. Nach kurzem Fußweg standen wir vor dem Hedgehog Café HARRY – einem Igel-Café. Tokio hat gleich eine ganze Reihe solcher Pet-Cafés zu bieten, in denen man je nach Art zum Beispiel Hunden, Katzen, Eulen oder eben Igeln Gesellschaft leisten, sie streicheln oder füttern kann.

Mit einem Snack für die kleinen Stachelbälle bewaffnet, betraten wir den gemütlichen Raum mit mehreren Igel-Wohnungen und durften um eine davon Platz nehmen. Bube und Dame waren außerordentlich zufrieden mit der Wahl unseres Ausflugziels und ließen sich brav die Hände desinfizieren und Handschuhe verpassen. Ganz vorsichtig streichelten wir unsere Tischbewohner. Der Snack aus getrockneten Würmern wurde entzückt entgegen genommen und so bestand der Besuch aus gegenseitigem Interesse. Nachdem die Igel ausreichend bestaunt waren, machten sich die Kinder auf zur zweiten Attraktion im Raum: Sabu. Sabu ist ein zahmes Erdmännchen, das durch das Igel-Café turnt und sich ebenfalls bereitwillig betrachten und streicheln lässt. Dazu sei gesagt, ich bin ein SEHR großer Erdmännchen-Fan und hätte Sabu am liebsten vom Fleck weg adoptiert, aber erstens bin ich mir fast sicher, dass ein Erdmännchen wohl nicht wirklich gut in einem Menschenhaushalt ohne jegliche Buddelberechtigung und Gang um sich herum aufgehoben wäre und zweitens lassen wir das mit einem Haustier vielleicht besser, gibt ja schon genug zu tun. Aber schön war‘s mal so einen kleinen Erdmann persönlich kennen zu lernen.

Wir werden mobil

Nachdem ja nun endgültig feststeht, wo wir hinziehen werden und wir von allen Seiten immer wieder hören, dass das neue Heim ja schon etwas weiter draußen liegt, hatte ich gestern dann die Faxen dicke und bin das Mobilitätsproblem angegangen. Mit der richtigen Ausrüstung ausgestattet, weigere ich mich 3,5km als weit zu definieren. Mein Mamachari muss her. Die hier täglich immer lauftüchtiger werdende kleine Dame und der geschobene Bube machten sich mit mir auf nach Azabu-Jūban, einer lebhaften Einkaufs- und Wohngegend, um einen empfohlenen Fahrradladen zu finden. Taten wir. Und mit ihm auch unser Rad. Ein Sitz hinten (kleine Dame), einer vorne am Lenker (Bube) einer in der Mitte (moi), ein Korb vor dem Lenker plus ein Elektromotor bilden das Gesamtpaket, mit dem ich zukünftig Tokios Straßen und Gehwege unsicher zu machen gedenke. Links versteht sich. Nächstes Wochenende soll es da sein, wir freuen uns schon alle drei aufs Abholen.

IKEA auf Japanisch

Fehlte noch ein wichtiges To Do für diese Woche: Möbel und Zubehör für die Wohnung shoppen. Nachdem es zum einen sehr teuer geworden wäre unsere eigenen Möbel nach Japan zu schicken und sie zum anderen auch nicht in die kleineren Wohnungszuschnitte Tokios gepasst hätten, galt es also, uns neu einzurichten. Zwar gibt es hier auch den gewohnten und ans Herz gewachsenen schwedischen Möbelriesen, aber mit Nitori auch eine japanische Entsprechung, die die Dimensionen der angebotenen Produkte besser auf die hiesigen Wohnverhältnisse angepasst hat und noch etwas günstiger ist. Abgesehen davon: wir sind in Japan, warum also nicht japanisch einkaufen? Das ging allerdings nur mit japanischer Unterstützung in Form unserer unersetzlichen Relocation Agentin Kaede. Geduldig begleitete sie uns stundenlang durch sieben Etagen Einrichtungswahnsinn und half uns, nahezu alles auszusuchen, was so ein Haushalt eben braucht. Mir summt immer noch der Kopf von so vielen Überlegungen und Entscheidungen, aber wir haben es geschafft und wurden mit dem längsten Rechnungsbeleg belohnt, den ich jemals aus einem Quittungsdrucker kommen gesehen habe. In Ermangelung eines Maßbandes stelle man sich sechs Teelöffel aneinandergereiht vor…

An drei verschiedene Lieferterminen wird unser Hab und Gut nun ab Einzug geliefert und wir alle freuen uns auf die neue Gemütlichkeit. Jeder auf etwas anderes besonders: die kleine Dame auf ihr heiß ersehntes Hochbett, Benni auf seinen urgemütlichen japanischen Sessel (japanisch meint hier, dass er keine Füße hat sondern die Sitzfläche direkt auf dem Boden aufliegt), ich auf die beige Cordcouch, die es uns spontan angetan hat und der Bube einfach auf alles, so lange er drauf rumklettern darf.

Jetzt freuen wir uns aber erstmal auf das Wochenende, an dem wir wieder in Ruhe dem Tokio-Tourismus frönen dürfen.

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