Glück herein!

Im vergangenen Jahr sind uns die japanischen Feiertage und die dazugehörigen Traditionen mehr oder weniger passiert. Man wusste immer, dass etwas im Busch ist, wenn neue Deko in den Geschäften auftauchte, es auf einmal interessante Snacks zu kaufen gab, die scheinbar einem bestimmten Thema folgten und wenn Bube und Dame dazu passende Bilder und Geschichten aus dem Kindergarten mitbrachten.

Setsubun-Kunst

In unserem zweiten Jahr in Japan, kennen wir uns schon in bisschen besser aus. So kam Setsubun heute auch nicht mehr als Überraschung daher. Dieses Mal war ich vorbereitet!

Mame maki

Setsubun markiert den letzten Tag vor dem Frühlingsanfang nach dem traditionellen japanischen Kalender. In Schulen und Kindergärten, zu Hause mit den Eltern oder (in pandemiefreien Zeiten) mit vielen Menschen in Tempeln wird zu diesem Anlass gemeinsam das Böse vertrieben.

Die mehr als 500 Jahre alte, beliebteste Methode, um genau das zu erreichen, ist so pragmatisch wie unterhaltsam: das Böse in Gestalt eines Oni (Dämon), in der Familie meist verkörpert vom Vater, wird beim Mame Maki (Bohnen-Werfen) mit gerösteten Mame (Sojabohnen) beworfen. Dabei wird laut gebrüllt:

鬼は外!福は内!

Oni wa soto! Fuku wa uchi!

Dämonen raus! Glück herein!

Bohnen und Maske

Anders als letztes Jahr wusste ich also, was zu tun war: Bohnen und eine Oni-Maske für Benni mussten her. Besonders schwer zu finden ist hier nichts, was mit themenspezifischer Feiertagsgestaltung zu tun hat. Überall starren einem auf einmal rote und manchmal auch blaue Dämonenfratzen an, meist direkt daneben finden sich liebevoll verpackte Bohnen als Munition.

Entsprechend gerüstet konnte unser kleiner Dämonen-Exorzismus steigen. Zuerst noch etwas verhalten, dann aber umso wilder und lautstarker wurde Benni mit Bohnen beworfen, bis keine mehr in den Schüsseln waren (dafür aber sonst überall in der Wohnung).

Der Familien-Oni
Auf den Oni mit Gebrüll und Bohnen!
Nachwuchs-Oni

Nur den letzten Teil unserer eigenen kleinen Setsubun-Variante wollte keiner so richtig durchziehen: eigentlich muss jeder so viele Bohnen essen, wie er Jahre alt ist. Bube und Dame aßen jeweils genau eine Bohne, um dann dankend abzuwinken, Benni und ich enthielten uns lieber gleich ganz der Teilnahme…

Verschmähte Knabberei

So, lieber Frühling, du kannst kommen, wir haben ordentlich ausgemistet und Platz für viel Glück geschaffen.

鬼は外!福は内!

Plan B im Schnee

Nachdem unser Herbst nachgereicht werden musste, nun aber: Willkommen im japanischen Winter!

Es ist zwar das zweite Mal für uns, dass wir den Winter in Tokio erleben, aber wie fast alles in diesem Jahr, ist nichts, wie es vorher war. Für uns ist die einschneidendste Veränderung, dass wir nicht wie geplant und wie im letzten Jahr nach Deutschland zu unserer Familie und unseren Freunden fliegen konnten. Schon bevor Deutschland in den erneuten Lockdown gegangen ist, haben wir uns aufgrund der hohen Reiseauflagen und der generellen Risiken gegen die Heimreise entschieden. Was sich mit der gegenwärtigen Entwicklung auch als richtig erwiesen hat, aber das macht es nicht unbedingt leichter.

So mussten wir uns alle erst einmal an den Gedanken gewöhnen, zum ersten Mal keine deutschen Weihnachten zu feiern. Und uns überlegen wie wir möglichst viele Bestandteile deutscher Weihnachten dennoch in unsere Weihnachtszeit in Japan einschleusen.
Letztes Jahr habe ich schon ein wenig darüber berichtet, wie in Japan Weihnachten oder クリスマス (KU-RI-SU-MA-SU) gefeiert wird (Jede Menge Lichter). Es gibt eine Menge wunderschöne Weihnachtsbeleuchtung und auch einige Weihnachtsmarkt-Versuche und wie in Deutschland auch, hört man viel Weihnachtsmusik in den Geschäften, aber das war es im Prinzip auch schon mit den Gemeinsamkeiten.

Was man an Weihnachtsleckereien auch in Tokio zuverlässig kaufen kann, ist ausgerechnet Christstollen. Ich hasse Stollen. Schon immer und mit Überzeugung.
Zum Glück habe ich aber noch von einem kleinen Weihnachtsbasar erfahren, den die Deutsche Kirche in Setagaya jedes Jahr ausrichtet und auf dem man Lebkuchen, Marzipan und Weihnachtsplätzchen kaufen kann. Mit dem Rad voller Einkäufe bin ich von diesem Streifzug vor dem 1. Advent wieder heim gekehrt. So waren wir kulinarisch schonmal etwas gerüstet. Zusammen haben wir dann noch Kerzen und ein bisschen Weihnachtsdeko eingekauft und unseren eigenen Adventskranz – oder eher unser Adventstablett – gebastelt. Und dann kamen zu Beginn der Weihnachtszeit noch ganz zauberhafte Pakete von Familie und Freunden, die keine Wünsche mehr offen ließen, so viele tolle Sachen wie Naschereien, Adventskalender, weihnachtliche „Stehrums“ wie Benni immer sagt, und wichtige Utensilien wie zum Beispiel Glühweingewürz wurden uns geschickt. Wir waren gerührt und bestens versorgt für diese völlig ungewöhnlichen Weihnachtswochen.

Advent, Advent

Weihnachtsessen auf Japanisch

Japan ist ja nun wirklich ein Land mit ganz hervorragendem Essen und mit viel Liebe zum Detail bis in das noch so kleinste Izakaya an der Straßenecke. Da man sich aber mit Weihnachten nicht so richtig auskennt, hat man sich an ausländischen Vorbildern orientiert. Dass es dann aber kulinarisch ausgerechnet amerikanisches Fast-Food werden musste, führt heute zu einem sehr abenteuerlichen Anblick in der Weihnachtszeit: Werbung von KFC mit dem hier berühmten Weihnachtsbucket und anderen festlichen Menüvorschlägen gefühlt an jeder Ecke. Es ist tatsächlich so: in Japan isst man gerne frittierte Hähnchenteile bevorzugt von Kentucky Fried Chicken zu Weihnachten. Vorbestellungen werden schon ab November angenommen und fleißig genutzt. Wie konnte es soweit kommen?

Seit Anfang der 70er Jahre gibt es die Fast Food Kette in Japan und Initiatorin des neuen Weihnachtsbrauchs war wohl eine Frau, die von einem benachbarten christlichen Kindergarten in die nächste KFC-Filiale spazierte, um für die Weihnachtsfeier Essen zu ordern und die die Filialmitarbeiter darum bat, das Essen als Santa verkleidet zu liefern. Selbst ich kann nach allem, was ich bisher von japanischer Servicebereitschaft und Freundlichkeit gesehen habe, sagen, wie dieser Wunsch aufgenommen wurde: Takeshi Okawara, der Filialleiter höchstpersönlich, machte sich als Santa auf zum Kindergarten und war selbstredend ein großer Hit bei den Kindern. So gut kam er wohl an, dass noch andere Schulen ihn dafür anfragten und das Marketing der Firma davon Wind bekam. Seit 1974 bis heute gibt es die großen KFC-Weihnachtswerbeaktionen.
Okawara wurde später übrigens noch für viele Jahre Präsident und CEO von KFC Japan und gibt heute japanisch reuevoll und gleichzeitig bereitwillig zu, in einem Interview seinerzeit geflunkert zu haben, als er gefragt worden sei, ob denn Hähnchenteile tatsächlich eine Weihnachtstradition im Westen sein…

Wer sich schon um seine Hähnchenbestellung zum Fest gekümmert hat, kann nun den zweiten allgegenwärtigen Bestandteil zum Weihnachtsessen besorgen: クリスマスケーキ (KU-RI-SU-MA-SU KEE-KI) – den Weihnachtskuchen, oder eher die kunstvoll verzierte Weihnachtstorte. Diese Tradition folgt eher der generellen Orientierung am Wohlstand und am Einfluss des Westens der Nachkriegszeit. Schokolade und andere Zutaten waren teuer und schwer zu bekommen und dementsprechend etwas Besonderes. Westliche Weihnachten waren mit ihrer ungewohnten Pracht ein Symbol für Wohlstand, da durfte also etwas Außergewöhnliches in Form eines Keeki nicht fehlen. Die typische japanische Weihnachtstorte ist eine runde weiße Sahne-Biskuit-Torte mit Erdbeeren in der Mitte (japanische Flagge und so). Erdbeeren haben hier übrigens so von Winter bis Frühling Saison.

Wir haben auch in unserem zweiten Jahr hier unanständigerweise auf beide essbaren Weihnachtstraditionen verzichtet, aber wenn ich mich mal zu einer von beiden hinreißen lassen, dann definitiv zur Torte. Inzwischen gibt es auch nicht mehr nur Erdbeertorten sondern unfassbar viel Auswahl an wahren Kunstwerken. Nächstes Jahr vielleicht…

Eingang zum Christmas-Garden im Shība-Kōen, eher so zu verstehen wie ein Biergarten mit Weihnachtsdeko
Und mit abenteuerlichem Weihnachtsbaumschmuck..

Tiere und blaue, katzenartige Roboter

Winter ist ja hier in Tokio zunächst mal noch ein halber deutscher Herbst und ab der zweiten Dezemberhälfte können wir dann langsam von Winter sprechen, aber meist immer noch mit sehr schönen bunten Blättern zwischen der Weihnachtsdeko. Wir waren also weiterhin viel draußen und haben versucht, einen Zwischenweg aus coronabedingtem Hausarrest und Frischluft zu erhalten. Die Zahlen sind auch in Japan nicht gut, besser als in vielen anderen Ländern, aber die Entwicklung und damit die Auslastung der Krankenhäuser ist auch hier besorgniserregend. Von einem weiteren Lockdown spricht Premierminister Suga nicht, insgesamt bleiben Maßnahmen hier sehr verhalten. Wozu das führt, wird man dann in den nächsten Wochen an den Zahlen ablesen können. Wenn ich von Hausarrest spreche, meine ich also unsere generelle Tendenz so viel wie möglich zu Hause zu bleiben und wenn wir rausgehen, Massen zu vermeiden. Auf dem Spielplatz geht das zum Beispiel ganz gut kurz vor Dunkelheit oder zum Spaziergehen auch später, dann hat man auch in Tokio etwas mehr Platz und trotzdem frische Luft.

Mit vorangegangener Reservierung sind wir außerdem zum einen in den Yokohama Zoo gefahren, ein sehr großer und schöner Zoo raus aus der Stadt. Nachdem wir schon oft im Ueno Zoo in Tokio waren, aber auch dort dieses Jahr nur einmal, war das für uns alle ein schöner Tag im Grünen und besonders für den kleinen Buben eine mächtige Entdeckungsreise auf der Suche nach seinen Lieblingstieren (ok, es gab diesmal keinen Walhai wie in Okinawa, der hat es ihm auch sehr angetan).

Unser zweiter Ausflug war eine Überraschung zum Geburtstag des kleinen (nun ein wenig größeren) Buben. Die kleine Dame hat herrlich mit geplant und das Geheimnis stolz gewahrt. Er ist nämlich großer Doraemon-Fan. Doraemon ist ein blauer katzenartiger Roboter aus der Zukunft (!), der mit seinem Freund Nobita viele Abenteuer erlebt und seit mittlerweile über 50 Jahren fester Bestandteil japanischer Haushalte ist. Es gab also eine knallblaue Doraemon-Torte und einen Besuch im Fujiko F. Fujio- oder auch Doraemon-Museum in Kanagawa. Fujio ist der Zeichner der Comics und ihm zu Ehren gibt es in dem Museum viele Details zu Doraemons Entstehung zu sehen.

Doraemon!!

Als kleines vorgezogenes Weihnachtsgeschenk haben Benni und ich uns noch eine Kamera gekauft, um die vielen, beeindruckenden Motive auf unserem Japan-Abenteuer zwar immer noch laienhaft, aber nicht mehr nur mit dem Handy einzufangen. Also gibt es jetzt zwar keine Tokio-Weihnachtsbeleuchtung, aber ein bisschen von dem, was man hier wohl normale Alltagsbeleuchtung nennen muss:

Izakaya in Mita/ Minato-ku
Roppongi Hills / Minato-ku
Ginza / Chūō-ku
Thai-Restaurant in Shibaura / Minato-ku

Rückzug in den Schnee

Den Großteil der Weihnachtszeit haben wir also mit ein paar Tricks und Unterstützung ganz erfolgreich in Tokio gemeistert. Es ist natürlich immer noch kein Vergleich zur gewohnten und geliebten deutschen Weihnachtszeit (wer es noch nicht festgestellt hat, ich bin großer und bekennender Fan), aber schön war es trotzdem.
Als wir den Weihnachtsurlaub nach Deutschland schweren Herzens abgesagt hatten, mussten wir uns auch gleichzeitig entscheiden, wie und wo wir die Weihnachtsfeiertage in Japan verbringen wollten. Inlandsreisen waren und sind weiterhin möglich und zum Teil sogar gefördert in Japan. Als wir uns für Hokkaido und damit einen Urlaub im Schnee entschieden, war auch das Reisen in Deutschland noch problemlos möglich, es gab noch keinen Lockdown. Als wir uns dann aber schließlich in den Flieger setzten, sah das schon deutlich anders aus und wir waren trotz Weihnachtsheimweh einfach froh, dass wir diese Auszeit in den Bergen überhaupt nehmen konnten.

Hokkaido ist die nördliche der drei Hauptinseln Japans und ziemlich in der Mitte liegt das Winterwunderland Tomamu auf knapp 600 Metern und mit Skigebieten bis zu 1200 Metern. Unsere Hoffnung war, dass die kleine Dame hier ihren ersten Skikurs machen könnte und wir vielleicht mal abwechselnd oder wenigstens einer von uns beiden kurz Skiluft schnuppern könnte. Wir hatten uns mit dem Club Med für eine internationale Hotelkette entschieden, aber da es in Japan dieses Jahr keinen internationalen Tourismus gibt, haben wir nicht damit gerechnet, besonders viele internationale Gäste oder Angestellte zu sehen. Weit gefehlt. Gefühlt waren alle Gaijin des Landes, die ja genauso wenig wie wir nach Hause fliegen konnten oder wollten, in Tomamu zusammen gekommen und die Angestellten waren aus insgesamt 26 Nationen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich darüber mal so freuen könnte, aber es war schön, nach 1,5 Jahren in Tokio und einem Jahr ohne Auslandsaufenthalt mal nicht aufzufallen, nicht aus der Masse herauszustechen, nicht diskret angeschaut oder heimlich fotografiert zu werden oder einfach das deutliche Gefühl und Bewusstsein zu haben, anders zu sein. Das alles ist nichts, was uns im Alltag als besonders schlimm oder belastend begegnet. Japaner sind im Gegenteil in der Regel sehr rücksichtsvoll und achtsam. Aber wir fallen auf. Immer und überall. Und wenn man nie mal einfach in der Masse untertauchen kann, dann ist das manchmal auch etwas ermüdend. So gesehen hatten wir hier in Tomamu also einen Urlaubsort gefunden, an dem wir uns wirklich erholen konnten von unserem Alltag. Und der ist eben nicht immer so alltäglich.

Und nicht nur das war der Vorteil der Internationalität: die Kinderbetreuung und die damit verbundenen Angebote waren nicht nur großartig, sie waren eben auch international, ein Parkett, auf dem Bube und Dame sich mehr als sicher fühlen mittlerweile. Mit Begeisterung und einem hektischen Abschiedskuss für die staunenden Eltern stürzten sie sich in ihre jeweiligen Gruppen und ließen uns leicht verdattert zurück. Nachdem wir die erste Verwirrung und Ungläubigkeit abgelegt hatten, rannten wir fast zur Ausleihe für Skiausrüstung.

Endlich wieder Skifahren

Wir waren nicht mehr Ski gefahren seit Benni seine Promotion geschrieben hat und die Zeit dafür fehlte. In der darauffolgenden Saison war ich schon schwanger mit der kleinen Dame. Sieben Jahre ohne Skifahren. Eine Abfahrt in diesem unglaublichen dicken Pulverschnee Japans, wo die Skigebiete noch ohne Schneemaschinen auskommen, und wir haben gegrinst wie Honigkuchenpferde. Besonders Benni, der auch im Hotel noch gearbeitet hatte bis kurz vor Piste, weil es in Japan zwar Weihnachtskitsch aber keine Weihnachtsfeiertage gibt, rutschte mit jedem Meter auf der Abfahrt sichtlich mehr in die Urlaubsstimmung. Und ich, wohlwissend, dass die beiden Krachnasen hochzufrieden mit ihrem jeweiligen Unterhaltungsprogramm waren, gleich hinterher.

Wir hatten uns natürlich vorher gefragt, wie ein so großes Familienhotel die Schutzmaßnahmen gegen Corona umsetzen würde und wie es insgesamt funktionieren würde im Zusammenspiel mit den übrigen Gästen. Zunächst einmal galt natürlich im gesamten Hotel außerhalb der Zimmer Maskenpflicht, woran sich glücklicherweise alle hielten. Auch der kleine Bube trug mit seinen gerade drei Jahren anstandslos und vergnügt seine Maske und da wir nicht wirklich viel auf dem Zimmer waren, trugen wir mehr oder weniger nur zum Schlafen keine Maske. Zusätzlich war das Hotel nur zu knapp 30 Prozent belegt, so dass genug Abstand zu jeder Zeit möglich war. Dazu kam jede Menge Einsatz des gesamten Personals, das für reibungslose Abläufe sorgte. Nichts ist im Moment so sicher, wie zu Hause zu bleiben, wo es geht, aber wir haben uns zum Glück so sicher wie unter den Umständen möglich fühlen dürfen.

So wurden aus unseren unfreiwillig japanischen Weihnachten wirklich schöne Tage, die wir alle sehr sehr genossen haben. Umso mehr, weil uns bewusst ist, dass die Rückkehr in die größte Metropolregion der Erde inmitten einer Pandemie wieder mehr Sorgen, Vorsicht und Unsicherheit bedeuten.

Bleibt gesund, passt auf euch auf und habt einen schönen Start ins Neue Jahr!

Winterwunderland
Iglu-Magie

Herbst in der Pipeline

Ich bin mit meiner Berichterstattung leider ordentlich ins Hintertreffen geraten und erhalte – zurecht – schon Nachrichten, was denn hier los ist. Zunächst einmal: lieben Dank für die Nachrichten, das Feedback und das Interesse an unseren Japan-Abenteuern! Ich freue mich über jede einzelne Rückmeldung sehr. Viele kleine Einblicke in unseren Alltag teile ich inzwischen auch regelmäßig auf Instagram (@simone_in_tokio) und freue mich auch hier über euch, wenn ihr Lust habt.

Mein letzter Beitrag aus dem Herbst steckte noch in der virtuellen Pipeline, daher reiche ich jetzt erst einmal diesen nach, bevor wir wieder in der winterlichen Gegenwart ankommen.

Unser Herbst hat hier in Japan mit angemessener japanischer Disziplin am 22. September mit einem Feiertag begonnen. Mit Disziplin, weil gefühlt selbst die Bäume wissen, was sich gehört und just an diesem Tag begonnen haben, die Blätter einzufärben. 
Der Herbst ist hier bis auf ein paar Regentage eine herrliche Jahreszeit. Es ist noch relativ warm, aber die Schwüle des Sommers ist verschwunden, die Luft ist klar und der Himmel oft geradezu unverschämt blau.
Unsere aktuellen Corona-Zahlen erlauben uns noch einen verhältnismäßig normalen Alltag. Anlässlich meines Geburtstags letzte Woche haben wir uns sogar ein paar Tage nach Okinawa verkrümeln können. Ein großer Luxus inmitten einer Welt, in der Reisen alles andere als selbstverständlich sind.

Okinawa ist eine japanische Präfektur mit über 150 Inseln im Ostchinesischen Meer. Miyako-jima, wo wir im Juli waren, gehört auch zu Okinawa. Diesmal ging es auf die Hauptinsel. Die Sommersaison war gerade zu Ende gegangen, so dass die großen Massen ausblieben, wir uns aber immer noch über 22-26 Grad und Sonnenschein freuen konnten. Die Insel ist wunderschön Grün, was gerade im Vergleich zu Tokio eine angenehme Abwechslung war. Nach einem Tag am Strand und im Pool durfte ein Besuch im Okinawa Churaumi Aquarium nicht fehlen. Besonders die großen Walhaie und die Riff-Mantas waren sehr beeindruckend.

Am letzten Tag hatten wir noch Zeit für eine kleine Höhlenwanderung – die erste für den kleinen Buben und die zweite für die kleine Dame (bei der ersten auf Mallorca steckte si allerdings noch als Baby in der Trage und war mäßig begeistert von der merkwürdigen Umgebung). Beide Nachwuchshöhlenforscher schritten begeistert voran und erkundeten Stalagmiten und Stalagtiten.

Jungle Love
Meine Mama hat immer gesagt, 40 sei ihr Lieblingsalter gewesen. Auf dich, Mama!

Okinawa hat übrigens kleine Wächter: die Shīsā. Sie sehen ein bisschen wie eine Kreuzung aus Löwe und Hund aus und sitzen in Pärchen an Eingängen und auf Hausdächern. Der linke Shīsā hat seinen Mund geschlossen und hält das Gute im Haus, der rechte Wächter hat seinen Mund geöffnet und vertreibt die bösen Geister.

Stadtleben

In Tokio sind wir dankbar um jede Woche, die relativ normal machbar ist. Aktuell ist auch hier eine dritte Welle deutlich zu erkennen, wir warten noch ab, ob es Änderungen geben wird.

Der Kindergarten organisiert mit viel Umsicht und Aufwand so viele Events aus den letzten Jahren wie in Zeiten von Corona noch möglich sind. Eines davon war Potatoe Digging auf einer Farm. Hier konnten die größeren Stadtkinder sich mal die Hände schmutzig machen und auf einer Süßkartoffelfarm Kartoffeln ernten. Die kleine Dame hatte einen Riesenspaß und brachte stolz ihre Beute mit nach Hause. Um sich dann plötzlich daran zu erinnern, dass sie ja eigentlich gar keine Süßkartoffeln mag. Wir haben dann Süskartoffelchips daraus gemacht, Chips gehen offenbar immer.

Halloween konnten wir in abgewandelter und reduzierter Form auch wieder feiern und da man in Japan und in der internationalen Schule umsonst nach einem Faschingsfest sucht, ist es als einzige Chance, sich zu verkleiden, sehr willkommen. So machten sich der kleine Buzz Lightyear und Jessy (beide Toy Story) völlig im Glück auf den Weg zum Spielplatz, wo es kleine Trick or Treat-Beutel gab. Und ein Schmetterling war auch dabei…

Mal wieder ein bisschen Aussicht

Nachdem wir in unserem ersten Jahr hier so ziemlich jede Aussichtsmöglichkeit genutzt haben, die wir gefunden haben, gab es erstmal eine lange Pause. Neulich war es dann aber mal wieder Zeit und wir sind mit dem Daikanransha auf Odaiba gefahren. Das bunte Riesenrad kannten wir schon, aber noch nicht im Dunkeln. Drei von uns waren hingerissen – der kleine Bube muss im letzten Jahr eine ordentliche Skepsis vor Höhen entwickelt haben (trotz Wohnung im 37. Stock). Er wäre lieber gleich wieder runter gefahren, hat aber auf Bennis Schoß und mit sparsamem Gesichtsausdruck tapfer durchgehalten.

Meine Zeit

November war ja schon immer mein liebster Monat und Herbst meine Jahreszeit. In Deutschland ist das immer schwer zu erklären mit vielen Regen- und Nebeltagen. In Tokio ist der November hingegen schlicht perfekt: fast durchweg strahlender Sonnenschein bei um die 16 Grad und klarem, blauen Himmel zusammen mit bunten Blättern. Wenn unbeschwertes Reisen irgendwann wieder möglich ist, und jemand von euch mit dem Gedanken spielt, Tokio zu besuchen (was ich ohnehin und ohne jedes Zögern dringend empfehle): kommt im November!

Ich habe den strahlend schönen Sonnenschein genutzt, um ein paar Ausflüge zu machen, die ich schon lange auf meiner Wunschliste hatte.

Die beste Aussicht, die ich beim Yoga je hatte

Lächeln und winken

Es gibt sehr viele Tempel und Schreine in Tokio, manchmal nur ganz kleine, fast unscheinbar zwischen zwei Häuser gequetscht. Einer der größeren und sehr bekannten ist der buddhistische Gōtoku-ji in Setagaya. Besser bekannt als „Maneki Neko“- oder „Winkekatzen“-Schrein, gehen verschiedene Gründungsgeschichten zurück auf die Legende der Tempelkatze Tama, die wahlweise einem Fürst das Leben gerettet hat, indem sie ihm während eines Gewitters zugewunken hat und er deshalb seine Deckung unter einem Baum rechtzeitig vor dem folgenden Blitzeinschlag verließ, oder die eine Reisegruppe einflussreicher Herrschaften durch ihr Winken zu dem Tempel brachte. In jedem Fall waren Unterstützung und Reichtum für den Tempel die Folge der Begegnung mit Tama, so dass sie heute noch als Glücksbringer verehrt wird. Auf dem wunderschönen Gelände des Gōtoku-ji sind Tausende Maneki Nekos in allen Größen aufgestellt, die Besucher mit Wünschen ausgestattet zurückgelassen haben. Ein wirklich beeindruckender Anblick.

Viele kleine Wunscherfüller an der Arbeit

Weitläufige Tempelanlage

Ein weiterer Schrein stand auch auf meiner Liste: der Nezu-jinja, der besonders für seine roten Torī vor dem Otome-Inari-jinja auf dem Gelände bekannt ist. Die meisten Bilder, die man von roten Torī in Japan sieht, stammen aus dem berühmten Fushimi Inari-taisha in Kyōto. Die des Nezu-jinja sind kleiner und nicht ganz so geläufig, aber einen Besuch mehr als wert.

Torī markieren den Übergang des Profanen zum Heiligen und stehen an vielen Eingängen zu Schreinen. Oft ist es nur ein Tor und nicht immer sind sie rot, aber ohne Frage sind sie am beeindruckendsten, wenn sie als ganzer strahlend roter Gang zum Schrein hinführen.

Otome-Inari-jinja

Sommer

Nach einer sehr langen Regenzeit, sind wir inzwischen voll im Tokioter Sommer angekommen. Für uns das erste Mal eine schon bekannte Jahreszeit, nun sind wir schon über ein Jahr in Japan.

So richtig eingestiegen in den Sommer sind wir auf Miyako-jima, einer kleinen japanischen Insel der Okinawa-Gruppe, irgendwo mitten im Wasser zwischen Japan und Taiwan.

Urlaub im Nirgendwo

Miyako-jima war unser Corona-Ersatzziel, da wir als nicht-japanische Einwohner Japans nach wie vor von dem sehr strikten Wiedereinreiseverbot betroffen sind, das seit Anfang April angewendet wird und jedes Reisen, abgesehen von zugrunde liegenden humanitären Notfällen, unmöglich macht. So sehr ich das Einreiseverbot für in Japan lebende Ausländer auch ablehne und im Vergleich zur freien Reisemöglichkeit jedes japanischen Staatsbürgers schlicht als diskriminierend empfinde, für eine Urlaubsreise in Corona-Zeiten finde ich es völlig angemessen, sich auf Reisen innerhalb des Landes zu beschränken. Und wenn dieses Land Japan ist, kann nicht wirklich von einer Beschränkung die Rede sein. Von Modern bis Traditionell, Stadt und Land, Berge und Meer, Japan hat so viel zu bieten, dass es nicht schwer fällt, ein Urlaubsziel zu finden – höchstens weil es zu viele Optionen gibt.
Da wir mit Tokio als Wohnort eher nach Ruhe und Entspannung gesucht haben und ursprünglich ohnehin gerne ans Meer wollten, fiel die Entscheidung schließlich auf Miyako-jima und eine kleine Hotelanlage mit einzelnen Bungalows an der Südküste der Insel. Anders als ich es auf den Bildern aus deutschen Urlaubsorten gesehen habe, war Miyako nicht überfüllt, ganz im Gegenteil: durch den fehlenden internationalen Tourismus und kurz vor der Hauptreisesaison in Japan war die Insel sehr ruhig und wir vermutlich die einzige nicht-japanische Familie weit und breit.

Fotografieren auf Japanisch

Wir sind es ja wirklich schon gewöhnt heimlich oder offen angestarrt zu werden, aber auf dieser beschaulichen Insel, haben wir hier nochmal ein neues Level erreicht. Was ich schon in Tokio gelernt habe, sich aber in Miyako nochmal bestätigte: In Japan gibt es ein paar Meister der sneaky pictures. Während das ungefragte Fotografieren von Fremden hier eigentlich sogar verboten ist, wird es dennoch sehr gerne praktiziert – besonders an uns, wie mir scheint. Aber, weil es ja zum einen verboten ist, und wahrscheinlich auch jedem klar ist, dass das Fotomotiv vielleicht nicht unbedingt einverstanden, ungefragt fotografiert zu werden, wird es eben heimlich gemacht. Da es ja nun aber immer noch nötig ist, das Handy so in Position zu bringen, dass die Linse uns auch einfängt, ist es dann auch nicht immer so heimlich. Zum Beispiel, wenn eine Frau mit erhobenem Handy so schnell und unauffällig wie möglich an uns vorbei geht und schnell auf den Auslöser drückt. Super. Ich versuche, dabei meinen Humor zu behalten und es zu ignorieren, aber ich verstehe ein bisschen mehr, wie schrecklich dieses Verhalten für Promis sein muss. Und in Japan hat das heimliche Fotografieren noch einen unschönen Beigeschmack: gerade das ungewollte Fotografieren von Frauen, besonders das Upskirting, ist dermaßen zur gängigen Praxis geworden, dass man in Japan erworbene Handys nur mit hörbarem Shutter Sound bekommt. Man kann also das Auslöser-Geräusch beim Fotografieren nicht ohne weiteres deaktivieren. Hmm.

Deutsches Dorf und Nemos Freunde

Ungeachtet der fragwürdigen Hobby-Fotografen, hatten wir uns auf ein paar Tage Strandurlaub gefreut und wurden nicht enttäuscht. Miyako-jima hat nicht nur wunderschöne weiße Sandstrände und türkisblaues Wasser sondern auch unzählige Korallenbänke in direkter Strandnähe, so dass auch kleine Nachwuchsschnorchler die Chance hatten, einen vorsichtigen Blick zu riskieren. Und dann auch noch Anemonenfische, also lauter kleine Nemos, in Aktion zu sehen, rief große Begeisterung hervor.

Strandzeit
Erkundungstour
Strandgut
Großer Sandkasten
Unterwasser-Entdecker
Rush Hour bei den Fischen
Anemone mit Bewohnern
Keine Tattoos am Pool…
Fantastisch verpflegt

Aber Miyako-jima hatte für uns ドイツじん, also Deutsche, noch eine besondere Überraschung parat: das Deutsche Kulturdorf!!!
Nachdem 1873 ein Schiff mit deutscher Besatzung auf einem Riff vor Miyako-jima strandete und acht Seeleute gerettet werden konnten, bedankte sich Kaiser Wilhelm I mit einer Gedenkstele, die noch heute ausgestellt ist. 1995 wurde zurückgehend auf diese Vorgeschichte der deutsche Themenpark erbaut. Bestaunen kann der geneigte Insel-Tourist hier neben einem Kinderhaus – dessen Bedeutung sich uns nicht recht erschlossen hat, zudem es neben Diddl-Mäusen Originalstücke der Berliner Mauer beherbergt – und einem Palais im Stil des 18. Jahrhunderts eine Nachbildung der Marksburg am Rhein besichtigen. Eigentlich war der Plan, das Original zu kaufen, in Deutschland abzubauen und auf Miyako wieder zu errichten, was nicht zustande kam.
So bietet sich mit der japanischen Kopie heute der wirklich interessante und gerade für unsere Augen ungewöhnliche Anblick einer typisch deutschen Burg umgeben von einem postkartenwürdigen Südsee-Panorama. Richtig abenteuerlich wurde es für uns dann noch in der Burg, die ein Museum für…naja, Deutschland ist und unter anderem die deutsche Lebensweise präsentieren soll. Falls noch nicht bekannt: wir sind einfach alle Bayern.

Echt jetzt?
Eine deutsche Burg direkt am Meer
Palais gefällig?
Und so sahen Bube und Dame ihr erstes Stück der Berliner Mauer auf Miyako-jima…
Deutsch für (japanische) Anfänger
Oha…aufgepasst
Zünftig!
Selbst die kleine Dame fragt sich, warum die so komisch aussehen.
Bestimmt praktisch so ein Raum für einen Rest

Neben der Besichtigung deutscher Kultur und Lebensweise haben wir aber die meiste Zeit an unserem kleinen Strand verbracht und wahlweise Korallen, Fische, Krebse oder japanische Lebensweise, genauer das Badeverhalten bestaunt. Wenngleich mir hier fast ein eigenes sneaky picture zur Illustration fehlt, beschränke ich mich auf eine kurze Beschreibung des für uns wenig nachvollziehbaren Treibens um uns herum. Während wir in Badeanzügen und -hosen, bisweilen allenfalls noch mit UV-Oberbekleidung gegen die intensivsten Sonnenstunden auf unseren Handtüchern am Strand saßen, Korallen sammelten oder uns im Wasser rumtrieben, um dann je nach Laune und Tageszeit nach ein bis drei Stunden mal wieder den Rückzug anzutreten, sah das bei unseren Mit-Touristen völlig anders aus. Hier ging man nur an den Strand, wenn man ins Wasser wollte, um danach postwendend wieder jeglichem Sonnenlicht zu entfliehen. Statt Badebekleidung wie wir sie kennen, trug man in der Regel: lange Leggins, darüber eine Badeshorts, Longsleeve oft mit (aufgesetzter) Kapuze plus Sonnenhut mit Riesenkrempe. Auch wenn wir aus Tokio schon gewöhnt sind, dass Japaner und Sonne offenbar keine Freunde sind – Sonnenschirme, lange Sleeves für die Arme und besagte Sonnenhüte – das hatten wir dann doch nicht erwartet. Ganz offenbar ist Strandurlaub überhaupt nicht gleich Strandurlaub.

Vertrauter Klang

Wieder zurück zu Hause, war dann auch in Tokio der Sommer angekommen und mit ihm auch unsere geräuschvollen Freunde vom letzten Jahr: die Zikaden. Was sich beim ersten Mal noch ungewohnt und merkwürdig angehört hat, ist jetzt vertraut und wir haben uns alle gefreut, die Krachmacher wieder zu treffen.
Auch die Lautsprecherwarnungen vor Hitzeschlag gibt es wieder, die einen daran erinnern sollen, ausreichend zu trinken, sich nicht zu überanstrengen und nicht lange in der Sonne zu bleiben – bei Temperaturen zwischen 34 und 37 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 60-80%, nicht von der Hand zu weisen.

Zum Glück gibt es die vielen Wasserparks auf Tokios Spielplätzen, die nun wieder in Betrieb sind und die wir gerne nutzen. Währen wir uns ein Plätzchen im Schatten suchen und zuschauen, jagen Bube und Dame durch Wasserbecken und -fontänen. Win-Win.

Auf dem Weg zum Spielplatz
Ein Spielplatz voller Dinos – der kleine Bube kann sein Glück kaum fassen
Wasser marsch!
Endlich bekommen die Pinguine auch mal Wasser zu sehen…
…und viele Kinder!
Egal in welcher Form, Wasser ist gerade immer willkommen
Entspannter Zuschauer auf dem Trockenen

Ohne Fleiß kein Preis

Seit Montag hat für die Kinder das neue Kindergartenjahr begonnen und aufgrund der schon vor den Ferien eingeführten und damit gewohnten Maßnahmen zum Schutz vor Corona, war es ein entspannter Start für Bube und Dame, die sich sehr auf ihre Freunde und Lehrer gefreut haben.

Während der Ferienwochen konnte ich dank Benni, der im Homeoffice ein bisschen Kinderbeaufsichtigung einschieben konnte, meine Sprachkurse fortsetzen. Der Intensivkurs ging mit einer Lern-Expedition durch Azabu-jūban zu Ende. Mit sensei Abe-san besuchten wir zunächst den Jūban Inari-jinja Schrein. Dieser Shintō-Schrein beherbergt zum einen Abbildungen des Schatzschiffes der sieben Götter, ein Zeichen für viel Glück und eine Statue von Kaeru-san, Herrn Frosch, der Glück und verlorene Gegenstände zurückbringen kann und für eine sichere Heimkehr steht. Abe-san hat uns gezeigt, wie in Shintō-Schreinen gebetet wird und uns die Bedeutung der Ema erklärt, Holzplatten, die an den Schreinen gekauft und mit Wünschen beschrieben werden können. Anschließend gibt man sie am Schrein ab und sie werden aufgehängt in die nächsten Gebete mit eingeschlossen.

Aufgang zum Inari-jinja Schrein – bitte immer schön rechts oder links halten, die Mitte ist für die Götter
Die Ema des Schreins mit dem Glück bringenden Schatz-Schiff
Kaeru-san – Herr Frosch – bringt Glück und verlorene Gegenstände zurück

Unsere bis dahin erlernten sprachlichen Fähigkeiten konnten wir dann noch an verschiedenen Aufgaben in Azabu testen. Wir sollten in einer kleinen Donutbäckerei eine Bestellung für das Team der Sprachschule aufgeben, die wir vorher telefonisch erfragen mussten. Mit vielen Knoten im Hirn und laaaaaangsamen Sätzen konnten wir unseren Auftrag erfolgreich ausführen. Danach ging es zu einem der zahlreichen 100¥-Shops, der japanischen Entsprechung der 1€-Läden, nur meist sehr viel nützlicher und mit einem besseren Angebot. Die Aufgabe war ein Paar Stäbchen zu kaufen, mit denen wir später zurück in der Sprachschule in einem Bohnen-Aufsammelwettbewerb gegeneinander antreten durften.

Letzte Station der Expedition war die Statue von Kimi-chan oder dem „Mädchen mit den roten Schuhen“, wovon es insgesamt acht in Japan und eine in San Diego gibt. In einem alten japanischen Kinderlied (Akai Kutsu = rote Schuhe) erinnert sich eine Mutter an ihre Tochter, die mit Ausländern das Land verlassen hat. Das Lied hat eine wahre Geschichte als Ursprung, jedoch wurde das Mädchen den Überlieferungen zufolge von amerikanischen Missionaren adoptiert und sollte mit ihnen in die USA zurückkehren. Vor der Abfahrt erkrankte Kimi-chan jedoch an der damals unheilbaren Tuberkulose und wurde in ein Waisenhaus in Azabu-jūban gebracht, in dem es schließlich starb. Das Waisenhaus stand an der Stelle, an der sich heute der Inari-jinja Schrein befindet.

Auch Kimi-chan trägt Maske

Nach viel Übung und Erkundungstour ging der erste Sprachkurs zu Ende. Mittlerweile bin ich fast mit dem zweiten fertig, wir schreiben und lesen nicht mehr in Romaji sondern ausschließlich in Hiragana und Katakana und haben mit den ersten Kanji begonnen. Stück für Stück werden die Satzstrukturen und das Vokabular dichter und komplizierter. Auf der Straße und in Geschäften feiere ich jedes Wort, das ich verstehe und sagen oder lesen kann.

Kanji, also die komplexeste Schriftform, bringt mich nach wie vor an meine Grenzen. Sowohl aufgrund der entmutigenden Tatsache, dass es davon mehrere Tausend gibt als auch wegen der sehr komplizierten kontextabhängigen Lesart jedes Einzelnen. Ein Kanji hat meist mehrere verschiedene Lesarten, sowohl sinojapanische, zurückgehend auf die chinesische Lesart des Zeichens (kurz on-Lesart) und japanische (kun-Lesart) und hat dabei meist je mehrere in on oder kun. Für eine Bedeutung kann ein Kanji hierbei manchmal für sich alleine stehen, für andere braucht es weitere Kana-Ergänzungen. Ganz abgesehen davon besteht ein Kanji meist aus vielen Strichen und Bögen, die es zusätzlich schwierig machen, es zu lernen. Es gibt noch viel zu tun…

Hausaufgaben

Wenn wir uns nicht gerade in der Schule oder auf Wasserspielplätzen rumtreiben, versuchen wir wieder vorsichtig die zahlreichen Unterhaltungsangebote und Entdeckungstouren Tokios zu nutzen. So zum Beispiel das Tokyo Trick Art Museum. Vor Motiven aus Japans Geschichte und Legenden konnten wir nach Herzenslust posen und die richtige Stelle für die perfekte optische Täuschung suchen.

Insgesamt ist es immer noch schwierig, Museen, Ausstellungen oder andere Einrichtungen zu besuchen, die sich alle sehr viel Mühe geben, die Schutzmaßnahmen vor Corona umzusetzen. In den meisten Fällen ist eine Online-Registrierung je nach Einrichtung zum Teil Wochen im Voraus erforderlich und nicht immer gibt es dazu englische Versionen. Langweilig wird es trotzdem nie, so dass wir mit den Corona-Auflagen insgesamt gut zurecht kommen.

Ab September werden nun endlich auch alle ausländischen Einwohner mit Auflagen wieder nach Japan zurück kehren dürfen, der Einreisebann hat nach fünf Monaten ein Ende. Auch wenn es noch viele offene Fragen gibt, etwa zu der Art der Tests, die man dafür vor und nach dem Flug machen lassen muss, besteht für uns dann grundsätzlich wieder die Möglichkeit nach Deutschland auszureisen und danach wieder an unseren Wohnort zurückkehren zu können. Den Schaden, den diese klare Ungleichbehandlung von japanischen und nicht-japanischen Einwohnern über Monate für internationale Unternehmen und hier lebende Ausländer angerichtet hat, wird noch langfristige Folgen haben. Viele Ausländer, die nicht zurückkehren konnten, haben ihre Wohnung und ihren Arbeitsplatz hier verloren, viele werden nicht mehr zurückkehren, andere, die geplant hatten, nach Japan zu kommen, werden ihre Entscheidung noch einmal überdenken und ein Teil derer, die noch hier sind, werden nicht länger bleiben wollen. Corona hat vieles verändert, aber der Umgang damit macht in vielen verschiedenen Aspekten den Unterschied.

Pflaumenregen

So langsam fühlt sich dieses merkwürdige Zwischenstadium nach dem Lockdown und vor einem Ende der Corona-Krise halbwegs gewohnt an.

Der Schulalltag für die Kinder funktioniert sehr gut und sie genießen es, mit ihren Freunden und Lehrern zusammen zu sein und jede mögliche Minute draußen zu verbringen. Die kleine Dame geht mit ihrer Klasse jeden Tag mindestens einmal in den Park, der kleine Bube setzt mit seiner Gruppe und viel Hingabe den Innenhof der Schule mit dem Gartenschlauch unter Wasser. Und sich.
Benni arbeitet die meiste Zeit nach wie vor zu Hause, jetzt aber deutlich entspannter und ungestörter.

Und ich, ich gehe auch wieder in die Schule. Ich mache endlich meinen lange gebuchten und erwarteten Intensivsprachkurs. Vier Tage die Woche habe ich zwei Stunden Unterricht und weil es in der Klasse neben mir nur einen weiteren Wahnsinnigen gibt, haben wir quasi Privatunterricht, was wirklich effizient ist. Das und die Tatsache, dass wir jeden Tag nicht nur Hausaufgaben machen müssen sondern auch noch einen Test schreiben. Wir haben zwei Japanischlehrerinnen, eine für einen der vier Tage, die andere für die drei übrigen.
Nummer 1 ist die sehr entspannte, humorvolle Emiko-san, die in ihrem vergangenen Leben schon Tauchlehrerin auf den Fidschi-Inseln und Sprachlehrerin in der Slowakei war. Abe-san ist die Lehrerin, mit der wir am meisten Zeit verbringen und die ich nur Sensei nenne, wenn ich Benni von ihr erzähle. Sensei heißt Lehrer auf Japanisch und Abe-san hat sehr viel von meiner Vorstellung einer japanischen Lehrerin. Sie ist streng, fokussiert und überrascht gerne mit Sätzen wie „Oh, I don‘t know this comedian, I do not have a television“, „I don‘t drink!“, beides sehr energisch ausgesprochen oder „How do you manage to find your way with the trains, yesterday I had to travel to Ōsaki and I got completely lost. I come from the countryside, I get confused here.“ Dazu muss man sagen, Ōsaki ist drei Stationen von meiner Station entfernt, also super zentral und leicht zu finden. Sensei ist speziell, aber nicht auf eine negative Art. Ich lerne viel von ihr und habe sie gerne als Lehrerin, sie ist nur völlig anders als Emiko-san. Emiko ist übrigens ein Vorname und Abe ein Nachname, also schon in der Ansprache beginnen die Unterschiede.

3D465B89-CBD8-4171-B0F1-EDF9B863480D

Schulbank

6FC338F7-5C02-491A-A30F-7F4810F35389

Auch die Korrektur kann kawaii – Bärchen sagt, das habe ich gut gemacht

Naja, jedenfalls bin ich jetzt wieder Schülerin und muss echt ackern. Da ich den ersten Intensivkurs übersprungen habe, weil ich ja schon eine Weile Japanisch lerne, wird Hiragana, das erste der beiden „einfachen“ Schriftsysteme schon vorausgesetzt, gerne aber abgefragt. Zusätzlich lernen wir jetzt Katakana, also das Zeichensystem, mit dem vor allem Fremdwörter oder ausländische Namen geschrieben werden.

Ein neuer Name

Das Schöne ist, im Japanischen werden auch die Fremdwörter nicht einfach übernommen, sondern so umgelautet, dass sie zwar ausgesprochen ähnlich klingen wie das Original, aber in unsere Augen abenteuerlich geschrieben aussehen (wenn man sie in Romaji, also unser Schriftsystem, überträgt). Beispiel gefällig? Der Sky Tree, ein wichtiges Wahrzeichen der Stadt, heißt スカイツリー (sukaitsurī – bitte laut aussprechen…).
Die größte Offenbarung für mich aber ist mein Name! Als ich nach Japan kam, wurde mir mein Name wie folgt aufgeschrieben: シモネ (shimone, weil es interessanterweise zwar die Laute sa, se, so und su gibt, nicht aber si, das wird automatisch zu shi). So heiße ich also schon seit elf Monaten Shimone. Man gewöhnt sich an alles. Bis Sensei mal richtig hinhörte und feststellte, dass ich meinen Namen anders ausspreche. Und, Überraschung, weil Katakana ja für fremde Wörter gemacht wurde, gibt es auch Zusatzlaute, die mit ein paar Hilfszeichen gebildet werden, so auch ein ズィ(zui = zi = ausgesprochen als unser si). Hier wird ein großes zu von einem kleinen i begleitet und damit ein neuer Laut gebildet. Ich heiße also gar nicht シモネ, ich heiße ズィモネ. Ich bin entzückt!

Pikachu gratuliert

Entzückt war auch die kleine Dame, als sie dieser Tage ihren heiß ersehnten fünften Geburtstag feiern durfte. Dank Corona gab es zwar keinen Kindergeburtstag mit ihren Freunden am Nachmittag, aber wir haben uns aus den bereits geöffneten Möglichkeiten etwas anderes ausgesucht. Nach großem Geburtstagsfrühstück und anschließendem Ehrentag im Kindergarten ging es gleich weiter nach Nihonbashi ins Pokémon-Café. In Japan sind Themen-Cafés sehr beliebt und neben Tieren in Pet-Cafés vor allen Dingen Serienfiguren gewidmet. Um Pokémon kommt man in Tokio kaum herum, so kannten die kleine Dame und der Bube Pikachu und seine Freunde gut genug, um tellergroße Augen zu bekommen beim Anblick des bunten Cafés. Wie es sich für ein echtes Themen-Café gehört, waren auch das Essen und die Getränke quietschebunt. Zur Feier des Tages durften eine Pikachu- und eine Hitokage-Tasse mit nach Hause, aus denen seitdem andächtig Tee und Kakao getrunken wird.

So sieht Social-Distancing übrigens im Pokémon-Café aus:

Social Distancing

Niedliche Platzhalter

Tsyuyu

Wir können theoretisch also wieder rausgehen. Sonne genießen und so. Ging auch kurz gut und war fantastisch, dann kam tsuyu, die Regenzeit. Etwa einen Monat lang regnet es jetzt fast jeden Tag, mehr oder weniger ununterbrochen. Und das bei Temperaturen zwischen 20 und 27 Grad, Dampfsauna pur. Letztes Jahr sind wir in den letzten Tagen der Regenzeit angekommen, ab hier kennen wir uns also quasi aus klimatisch.

DAA93510-9B6A-4E12-9739-4E781A4125D0

Große kleine Regenfans

2EEC0D27-D343-4236-9F04-D2619CE3CD80

Begeisterung in Grenzen

Die Kinder sind gut ausgerüstet mit Regenjacke , Gummistiefeln und stecken auf dem Weg zum Bus trocken unter den Regenabdeckungen der Kindersitze. Ich versuche mit Regenjacke oder -poncho und Gummistiefeln, aber eben ohne Sitzabdeckung das meiste abzuhalten, was so leidlich gelingt auf dem Rad. Für eine Regenhose ist es mir dann aber wirklich zu warm, dann werde ich lieber vom Regen nass, als vom Schweiß. Das kommt noch früh genug wieder.

Durch die Massen an Menschen zu navigieren – ohnehin schon eine Herausforderung – wird durch die Regenschirmthematik auf die Spitze getrieben. Ich fühle mich bisweilen wie in einem alten Jump‘n‘Run Spiel, wenn ich den bunten Kreisen ausweiche, die vor mir oder gerne auch urplötzlich von der Seite auftauchen.

Die Kanji für Regenzeit setzen sich übrigens aus Regen und…es darf gerne geraten werden…einer Pflaume zusammen! Niemand? Wenn noch jemand daran gezweifelt hat, wie schwer die japanische Schrift inklusive der bedeutungstragenden Kanji ist, der Pflaumenregen ist ein schönes Beispiel. Klar, wenn Pflaumenzeit ist und es zusätzlich noch regnet, ist Regenzeit. Easy.

Pflaume

Pflaumenzeit

Auf Rüsselsuche

Sonntag hat Tsuyu mal eine Pause eingelegt und wir gleich mit. Wir haben das schöne Wetter genutzt, um Tokio mal kurz den Rücken zu kehren und sind ins benachbarte Yokohama gefahren.
Yokohama ist nach Einwohnerzahl die zweitgrößte Stadt Japans und Hauptstadt der Präfektur Kanagawa. Nur eine halbe Stunde Bahnfahrt entfernt und Standort der Deutschen Schule, ist es zudem ein beliebter Wohnort für Deutsche, die in Tokio oder Umgebung arbeiten.

Wir haben unseren Tag in China Town beginnen lassen, das größte Mini-China in Japan, und haben uns den Rest des Tages am Wasser rumgetrieben. Yokohama hat eine wirklich schöne Promenade. Das historische Fracht- und Passagierfest Hikawa Maru haben wir uns für den nächsten Besuch aufgehoben, da der Bube exakt davor in seinen Mittagsschlaf entschwunden ist.

Der Yamashita Park direkt an der Promenade war dann ein zu guter Platz für ein Picknick. Im Land der Konbinis ist es auch kein Hindernis, wenn man einfach nichts picknickartiges eingepackt hat: große Plane als Picknickdecke inklusive Heringe zum Festmachen für umgerechnet weniger als 3€, eine umfangreiche Auswahl an Sandwiches, Reisbällchen, Joghurts, Knabbersachen, kalten und warmen Getränken etc. – alles vorrätig für eine Pause.
Weiter am Wasser entlang sind wir bis zum Zō no hana Park gekommen. Zō ist der Elefant und hana ist die Nase, also im Wesentlichen Elefantenrüsselpark. Ursprünglich gab es an dieser Stelle des Ufers Dammkonstruktionen, die Elefantenrüsseln ähnelten, die heute allerdings nicht mehr da sind. Leider ist auch die große neuere Elefantenrüsselstatue, die wir gesucht hatten, nicht mehr da. Der Park verliert also scheinbar ganz gerne mal seine Nasen.

Nach einem Tag mit strahlendem Sonnenschein, kündigten sich im Nasenpark dann wieder die dunklen Wolken der Pflaumenzeit an, also ließen wir es für unseren ersten Yokohama-Trip dann mal gut sein.

75BA3BFD-E708-40DE-90D0-E9C1A5A29D46

Reiselust

22CF1E0C-9F21-4EC5-A4A0-8FF9873C50DB

Tor zu China

07612805-A932-4152-80EB-37C1819D98D3

Zuckererdbeeren

AEE8538C-1CEB-4797-BCF8-73E9D252433CE30B7696-1F19-4B13-84D8-BF165A27A283

666B60AA-BB09-45B4-94B7-CC3FA5967094

New normal?

0E91FE36-C886-4D27-9C78-77EE7DC93554

Die Hikawa Maru

070F4A16-FE11-4414-946B-E501676AD025

Auslauf an der Promenade

EC5D50F3-F4FE-491E-96F7-8F227CF506AD

Konbini geht immer

82C98177-46A7-48D0-9359-2A67A2F1683A

Doch noch ein Elefantenrüssel

6C0F77FD-F3DF-483C-957D-BD2D7DA7A3CF

Straßenstreuner

Ich wurde neulich gefragt, wie es wohl jenseits der ausgewählten Bilder so in Tokio aussieht.

Ich habe mich schon so an die Stadt und ihr Erscheinungsbild gewöhnt, dass ich erst einmal überlegen musste, ob es so anders als in Deutschland ist. Ich empfinde es ja abseits der bunten Vierteln wie Shinjuku oder Roppongi als erfrischend normal und unaufgeregt und habe zum Abschluss mal ein paar ganz alltägliche Straßenbilder von meinen Wegen angehängt.

281D9271-EC5C-45DA-9936-12AC0F065AAD

Hier hält der Schulbus

62ADB503-02A0-466E-8114-7F2FDA96E082

Der Tokyo Tower ist allgegenwärtig in Minato-ku

9583185C-DABD-4F21-9B1D-2278654BF0A6

Restaurant in Azabu-Jūban

F3F207A4-4914-40BC-9852-55A7A39B44E5

Gemütliche Einkaufsstraßen von Azabu

383CF5DD-7944-45A0-9CBB-29671F3B1DCD

CA027E84-C4F2-4236-9E87-4BEF630438E4

Seitenstraße in Ginza

5BC02C27-58F0-468F-AACF-7089725EC5B8

Die Fußgängerampeln zeigen rote/grüne Punkte an und zählen runter bis sie die Farbe wechseln, bei z.T. sehr großen Straßen eine echte Hilfe zum Einschätzen, ob man es wohl noch schaffen könnte

Fahrrad

48FF0C01-B2C9-4AE3-B069-A751949F7CFF

Fahrradparkhaus in Azabu-Jūban, wild parken ist verboten, Räder werden abgeschleppt

3EB4CF78-9D59-45D2-BDCE-449F88ED374D

Das Rad kommt in Fahrradständer mit Schloss, die automatisch verriegeln…

97947B57-C65F-436D-B255-E805012E9548

..und erst wieder entsperren, wenn am Parkautomat bezahlt wurde

Autos

6F7E9189-B686-4E92-84F7-6C5A76564AFE

Parkraum für Autos ist knapp

C6A442C8-18EC-42F0-8C6E-FC1281140002

Platz zum Abbiegen auch, dafür gibt es Drehscheiben, die das Auto in die richtige Position zum Ein- und Ausfahren bringen

28C292A0-AF7E-4EEB-9281-F6CE4B29F3B6

Straßen werden gerne gestapelt

911CF0ED-B3E5-4A4F-B735-1FAF0E99C6C7

Unter einem Straßenstapel

Bahn

D2FE9B86-3879-4D1A-AEA6-91AD73DA8811

Ticket Gates

977B308D-DF24-4AA4-9F4F-8B14C89732FC

Viele Bahnsteige sind sehr gut mit Absperrungen gesichert

New normal auf Japanisch

Die japanische Regierung hat letzte Woche Montag kinkū jitai sengen no kaijo bekannt gegeben, die offizielle Aufhebung des Notstands, dann auch für die letzten verbleibenden Präfekturen inklusive Tokio.

Wie andere Länder auch, zieht Japan anlässlich der Lockerungen Bilanz: 17.000 registrierte Fälle von Infektionen und 850 Todesfälle. Es ist kein Geheimnis, dass ungeachtet zahlreicher Empfehlungen und Warnungen japanischer und internationaler Experten vergleichsweise wenige Tests durchgeführt wurden und werden. Wie aussagekräftig also die erste Zahl ist, sei dahingestellt. Allerdings spricht die im weltweiten Vergleich geringe Zahl an Todesfällen sehr dafür, dass Japan entweder sehr viel Glück hatte oder sehr viel richtig gemacht hat hat. Oder beides.

Als einflussreiche Faktoren für diese Entwicklung werden immer wieder das Gesundheitssystem, die effektive Lokalisierung von Clustern im Anfangszeitraum und die allgemeine Neigung der Japaner zu einem gesunden Lebensstil genannt.
Die Maßnahmen des Lockdowns waren zwar nicht gesetzlich bindend, haben aber dennoch zu einem deutlichen Rückgang der Besucherströme in Restaurants, Cafés, öffentlichen Anlagen, Büros und in der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs geführt. Auch, was die unkomplizierte und bereitwillige Nutzung von Masken angeht, sind sich immer mehr Experten einig, dass dieser Umstand Japan im Kampf gegen Corona bisher sehr geholfen hat.

Die japanische Regierung hat sich zur Bewertung vor Aufhebung des Notstands für ein 3-Kriterien-System entschieden, dass die einzelnen Präfekturen erfüllen mussten: ein Verhältnis von Neuinfektionen pro Woche von weniger als 0,5 pro 100.000 Personen, die Stabilität des Gesundheitssystems unter Einbeziehung von verfügbaren Krankenhausbetten und Anzahl der Personen mit schweren Symptomen sowie die Fähigkeit Infektionen zu überwachen, z.B. durch Testverfahren.
„The Japanese model has demonstrated its strenght“, fasst Premieminister Abe zusammen.

Übrigens eine völlig andere Wortwahl, als die von Jens Spahn in einem Artikel in der Japan Times: „[…] it makes us humble, rather than overconfident“ sagt er in Bezug auf Deutschlands Sicht auf den – von der internationalen Presse wiederholt gelobten – Umgang mit dem Virus.

International Media

Blick von außen

Mal ganz abgesehen von der Corona-Krise ist es für mich hier am anderen Ende der Welt sehr aufschlussreich über die Geschehnisse in Deutschland auch mal aus internationaler Sicht zu lesen. Klar hätte ich das auch früher haben können, ich habe die internationalen Medien aber nie oder wenn, nur zufällig, genutzt, um mich über deutsche Zusammenhänge zu informieren. Und aktuell, ganz speziell im Falle einer so großen weltweiten Krise, ist es neben der deutschen Berichterstattung, mit all ihren Facetten und oftmals ermüdenden Details wie dem Unmut der Deutschen Masken zu tragen oder Massendemonstrationen gegen Corona-Maßnahmen, auch einfach mal schön zu lesen, dass Deutschland eine ganze Menge richtig gemacht zu haben scheint. Und, um nochmal auf die Wortwahl zurückzukommen, ohne Kriegsmetaphern zu wählen sondern statt dessen das Miteinander und eine gemeinsame Verantwortung in den Fokus zu stellen.

Zurück ins Neue

Aber wieder zu Japan. Was bedeutet nun die Aufhebung des Notstands für den Alltag hier? Was ist dieses ‚new normal’ in Japan?

Auf Japanisch ist es zunächst einmal korona jidai no aratana nichijō. Korona jidai bezeichnet hier die Era des Coronavirus und aratana nichijō bedeutet in etwa ‚neu jeden Tag‘.
In der Praxis heißt das erstmal, dass die Geschäfte und Kaufhäuser wieder geöffnet haben und die etablierten Social Distancing Maßnahmen beibehalten werden, also Masken tragen, Abstand halten, Hände waschen etc. Veranstaltungen werden nach und nach wieder zugelassen von wenigen Teilnehmern bis zu Großveranstaltungen, je nach Verlauf. Auch in Japan ist klar, dass es eine Rückkehr zum „Vorher“ erstmal nicht geben wird. Jede Präfektur will in einem 3-stufigen Prozess die Maßnahmen lockern, seit diesem Montag befinden wir uns in Stufe 2, in der bis auf große Entertainmenteinrichtungen oder Großveranstaltungen soweit wieder alles in Betrieb ist, wenn auch mit Einschränkungen.

Gaijin in Japan

Welche Maßnahmen richtig sind und zu welcher Zeit, sie durchgeführt werden sollten, ist sicherlich weltweit eine anspruchsvolle Entscheidung und schwer einzuschätzen und zu bewerten. Eine bestimmte Entscheidung der japanischen Regierung gibt mir als Gaijin, also Ausländer in Japan, allerdings sehr zu denken: als einziges Land der G7 verhindern die Einreisebeschränkungen Japans seit April eine Einreise von Ausländern, auch wenn sie Einwohner des Landes sind, so wie wir, oder sogar mit einem Japaner oder einer Japanerin verheiratet sind. Seit Wochen betrifft diese Regelung mehr und mehr in Japan lebende Ausländer, die aus vielen Gründen in anderen Ländern festsitzen und keine Möglichkeit haben in ihr Zuhause, in ihren Job und zu ihren Familien und Freunden zurückzukehren. Für uns heißt das: müssten wir etwa aufgrund eines Notfalls in der Familie das Land verlassen, könnten wir auf unbestimmte Zeit nicht an unseren Wohnort zurückkehren. Zwar gibt es offiziell die Möglichkeit, eine Sondererlaubnis zu beantragen, aber keine Voraussetzungen oder Garantien dafür.

Auch wenn mir bewusst ist, dass Japan mit einem sehr geringen Ausländeranteil von knapp 2% in vielen Fällen noch mit vielen Vorbehalten gegenüber Ausländern bis hin zu unverhohlenem Rassismus zu kämpfen hat, ist mir persönlich bisher nichts dergleichen begegnet. Außer den alltäglichen Blicken, die eine 1,78 Meter große, blonde Frau nunmal zwischen im Schnitt 1,70 Meter großen Japanern und 1,58 Meter großen Japanerinnen hervorruft, gibt es bisher zum Glück keine blöden Erfahrungen und das darf auch gerne so bleiben. Allerdings leben auch über 20% der Ausländer in Japan hier in Tokio und ganz besonders in Minato-ku, unserem Stadtteil, so dass wir hier nicht ganz so ungewohnt erscheinen wie im restlichen Land. Umso mehr finde ich diese von der Regierung angeordnete, klar diskriminierende Einreisebeschränkung, die in Japan lebende Ausländer in zum Teil existenzbedrohende Situationen bringt, sehr besorgniserregend.

46CA25E6-B4F1-4CAF-84DF-2FAA2572494D

Endlich wieder raus, da ist Bahnfahren schon ein Erlebnis

CA5342F1-7898-455B-95CF-0931FE059F69

Glaube, der Affe braucht auch eine Maske

9722F897-7001-4F1D-8729-A16EF47072D7

Runter mit der Wolle

94B8545C-2D73-4530-8205-96759285CA60

Social Distancing beim Einkauf

93 Tage später

Seit Montag sind die Kinder nach 93 Tagen zu Hause wieder in der Schule. Die kleine Dame war so aufgeregt, dass sie die Wochenenden ab sofort am liebsten abschaffen wollte und senkrecht im Bett saß, sobald ich um 6.30 Uhr die Zimmertür geöffnet hatte. Der kleine Bube war noch etwas skeptisch: „Bus? Ich bleibe hier!“ Er fand es dann aber doch auch super und ist am Dienstag gleich mit Schwung Richtung Fahrrad und Bus aufgebrochen.

Aus Deutschland lese und höre ich immer wieder, wie schwer die Betreuungssituation sich für die Familien gestaltet. Noch lange nicht alle Einrichtungen sind geöffnet, viele nur teilweise und an echten Konzepten mangelt es oft noch.

Was das angeht, haben wir es mit unserer internationalen Schule sehr gut getroffen. Das gesamte Team hat sehr viel Arbeit in die Ausarbeitung eines Hygienekonzeptes gesteckt, das allen Beteiligten eine möglich sichere und gleichzeitig unbeschwerte Betreuungszeit ermöglichen soll. Die Kinder tragen ab sofort im Innenbereich Masken, dürfen aber eine Pause davon machen, wenn sie wollen. Sie spielen nicht so unmittelbar und eng miteinander wie gewohnt und erhalten beispielsweise eigene Beutel mit Stiften, Schere, Kleber etc., so dass häufig genutzte Utensilien nicht ständig hin und hergereicht werden müssen. Stündlich werden währen des Schultages die Flächen gereinigt und desinfiziert, jeden Tag erfolgt eine professionelle Komplettreinigung der Schule und Eltern können bis auf weiteres die Schule nicht betreten sondern müssen in getrennten Bereichen vor dem Gebäude warten. Bei allen Kindern wird jeden Morgen Fieber gemessen, bei einer Temperatur von mehr als 37,5 Grad Celsius können sie nicht teilnehmen.

Die Einhaltung aller Maßnahmen im normalen Schulalltag ist viel Arbeit für alle Lehrer und Mitarbeiter, die sich zusätzlich alle bereit erklärt haben, das Schuljahr um vier Wochen zu verlängern, um den Kindern jetzt noch insgesamt sechs Wochen Schulalltag zu ermöglichen.

Sofern kein Kind krank wird und sich die Situation nicht wieder verschlechtert, kann ich so vielleicht noch einen Monat meinen Intensivsprachkurs machen, Benni kann einen halben Tag ohne Gewusel arbeiten und die Kinder können endlich wieder ein Stück weit Normalität genießen und ihre Freunde sehen.

Wie lange das möglich sein wird, wird sich noch zeigen. Aktuell steigen die Infektionszahlen in Tokio wieder an, ein Grund das Warnsystem der Stadt zu aktivieren: neben einer Pressemitteilung soll die Beleuchtung der Rainbow-Bridge und des Tokyo Government Buildings in Rot alle Tokioter daran erinnern, sich an die Verhaltensrichtlinien zu halten und vorsichtig zu sein.

62630A49-634C-42D4-B376-A07D622E9D0E

Auf Käferjagd

DBC98BFC-81E8-4A53-976C-0B4A8EB289FA

Das Jagdrevier

D949545C-9D33-4EDD-963C-60A972BC8B6A

Stadtautobahn und Straße übereinander – hier wird gestapelt, was geht

3FFAEEF0-B4A1-4E74-839F-5928BE940DDA

Noch mehr Käfer?

C8946F80-ED66-4CB0-B4FA-640908BAF031

Der BMX Parcours für Olympia – es wäre so schön gewesen

 

Lockdown-Alltag

So. Lockdown Teil 2. Nach fast sechs Wochen Teilschließungen, wurde ab dem 8. April auch in Japan der Notstand für zunächst acht Präfekturen beschlossen, allen voran aufgrund der Infektionszahlen natürlich Tokio. Zehn Tage später wurde der State of Emergency bis zum 6. Mai auf ganz Japan ausgeweitet und jetzt noch einmal verlängert bis Ende Mai. Die jeweiligen Gesetzgebungen für einen Notstand variieren weltweit stark. In Japan bedeutet es neben der Ausweitung der Schließungen auf alle Geschäfte und Einrichtungen, die nicht unbedingt erforderlich sind, und einigen zusätzlichen Befugnissen, dass die Regierung die Bevölkerung auffordern darf, zu Hause zu bleiben. Auffordern im Sinne von dringlich darauf hinweisen. Die Befolgung dieser Aufforderung kann auch kontrolliert werden. Mehr aber auch nicht, es gibt keine rechtliche Grundlage, um die Nichteinhaltung der Aufforderung unter Strafe zu stellen.

In der Realität heißt das, dass man dennoch viele Menschen auf den Spielplätzen und in den Parks sieht, sofern sie nicht geschlossen sind. Auch viele private Kindergärten sind weiterhin geöffnet und ausgelastet. Wenn man bedenkt, dass genug Unternehmen immer noch kein Homeoffice anbieten oder es zwar anbieten, aber nicht wirklich unterstützen, ist es allerdings verständlich, dass arbeitende Eltern keine Alternativen sehen, als die geöffneten Kindergärten weiter zu nutzen.

Keine Angst vor Masken

Eine Sache, die hier in Japan sicherlich eine große Rolle sowohl für die Entwicklung der Zahlen, als auch für den Umgang mit Social Distancing spielen, ist die grundsätzliche Handhabung von Hygiene-Maßnahmen. Masken wurden hier schon lange getragen, als viele Nationen noch müde darüber gelächelt haben. Nach zehn Monaten in einem Land, in dem Masken aus Rücksicht vor anderen völlig normal sind, auch bei einer gewöhnlichen Erkältung, bin ich manchmal sprachlos, wenn ich lese, dass Menschen sich ihrer Grundrechte und jeglicher Möglichkeiten ihren Gefühlsausdruck kund zu tun beraubt fühlen, weil sie nun für eine Weile Masken tragen sollen.
Händeschütteln ist in Japan ohnehin kein Thema, man verbeugt sich freundlich zur Begrüßung. Desinfektionsmittel wurden schon vor Corona in den Eingangsbereichen vieler Restaurants und Geschäfte bereitgestellt. Und es gilt ein besonders vorsichtiger Umgang mit Schuhen. In einer üblichen japanischen Wohnung ist der Eingangsbereich extra abgesetzt, entweder durch eine Stufe oder wie bei uns durch Fliesen. In dieser Zone werden die Schuhe ausgezogen und kein Bereich der restlichen Wohnung wird jemals damit betreten. In manchen Fällen gibt es noch unterschiedliche Hausschuhe für Wohnbereiche und Toilette. All diese Gewohnheiten sind sicherlich sehr hilfreich im Kampf gegen Corona, allerdings tragen sie aktuell vielleicht auch ein Stück weit dazu bei, dass ein trügerisches Sicherheitsgefühl entsteht und Social Distancing nicht immer ganz so ernst genommen wird. Auf der anderen Seite scheint das nicht nur hier in Japan ein Problem zu sein.

Insgesamt aber fällt es in einer so großen und vor allen Dingen dicht besiedelten Stadt wie Tokio deutlich auf, wenn viele Menschen zu Hause bleiben. Es ist sehr ungewohnt die zeitweise leeren Straßen und Bahnen zu sehen, wo sonst Menschen dicht an dicht zusammen stehen und gehen. Im großen und ganzen werden die Maßnahmen also eingehalten, aber es wird sich zeigen, ob das reichen wird.

Yurikamome

Kaum zu glauben – leere Bahnen mitten in Tokio

Nest-Geschehen

Für uns hat gerade die elfte Woche der Schulschließungen begonnen und seit fünf Wochen haben wir täglich Online-Meetings mit den beiden Klassen der Kinder. Die Lehrer geben sich sehr viel Mühe, die Kinder zu beschäftigen und ihnen einfach wieder ein Stück Alltag mit ihren Freunden und Betreuern zu bieten. Das ist eine echte Bereicherung und macht beiden viel Spaß.

Online Learning

Kindergarten online

Unser Tagesablauf ist nun vor allem vormittags mehr oder weniger durchgetaktet. Um 9.30 Uhr, nachdem bereits gespielt, gefrühstückt und die Wohnung zum ersten Mal verwüstet wurde, findet die Session für den kleinen Buben statt, die kleine Dame ist selbstredend auch in der kleinen Gruppe voll mit dabei. Das Morgenlied wird gesungen, das Wetter diskutiert (ja, das Wetter ist schon in sehr frühen Jahren ein Thema) und dann wird je nach Wochentag eine halbe Stunde zusammen Snack-Time gemacht, getanzt und gesungen, gespielt gebastelt oder Geschichten gelauscht. Sehr beliebt war hier die Sensorik-Flasche, die die Kinder gemeinsam an ihren Bildschirmen mit Perlen, Spielzeugen, Pfeifenreinigern oder was sonst gerade greifbar und klein genug war, befüllt haben und anschließend mit Wasser auffüllen durften. Tagelang wurde danach noch geschüttelt und gestaunt.

Um 10.45 Uhr ist Session-Time mit der Gruppe der kleinen Dame. Auch hier wird gesungen, gespielt und gebastelt, aber schon die fortgeschrittene Version mit Zahlen, Buchstaben und anderen Lerninhalten. Ich bin jedes Mal begeistert, was die Gruppe schon alles aufnimmt und in Windeseile begreift. Schön, das mal live beobachten zu können, statt nur, wie sonst, Bruchstücke davon erzählt zu bekommen.

25841CE2-A1EB-49F5-BF27-4FF7A56F326D

Basteln mit der Klasse

49501E63-3E07-4206-9FD7-6955754F1B41

Schüttelspaß

F5EF0D27-48E9-4478-BDF2-8C1CA5701F07

Gemeinsame Sandwich-Session

Um 11.15 Uhr beginnt die von mir eingeführte „Erik-Zeit“. Erik ist der Moderator des ZDF-Lernfernsehens PUR+, der den Kindern so lange etwas über wilde Tiere, Fallschirmspringen, Extremtauchen, Farben usw. erzählt, bis ich mal in Ruhe eine Runde Sport gemacht habe.

Steffi online

Wie so vieles im Moment, findet auch der Sport für mich dank Gymondo online statt. So hopse und springe ich über meine Matte im Schlafzimmer und einmal die Woche gibt es sogar ein ganz besonderes Highlight für mich: Steffi! Wer oder was ist Steffi? Nicht nur ist Steffi eine großartige und liebenswerte Persönlichkeit, sie ist auch die Trainerin, die ich jedem nur wünschen kann. Sie hat sich mit ihrem Programm Mami & mini auf Fitnesskurse nach der Geburt spezialisiert, zu deren Einstiegsversionen man die Babys mitbringen kann. Nach der Geburt der kleinen Dame war das ein großer Glücksfall für mich, da ich zu den üblicherweise abends angebotenen Sportprogrammen für Mamas ohne die Babys nicht teilnehmen konnte mit Bennis Arbeitsrhythmus. Seitdem habe ich mich sowohl mit der kleinen Dame als auch mit dem kleinen Buben durch so viele von Steffis Kursen wie möglich geturnt, konnte aber leider das nachfolgende Bootcamp nie nutzen, weil auch das ohne Kinder statt findet. Aaaaaaaber jetzt! Um die vielen Mamas im Lockdown abzuholen, hatte Steffi die grandiose Idee, ihre Kurse jetzt online anzubieten und so habe ich sogar aus Tokio die Möglichkeit endlich mal wieder mitzumachen. Ein dickes Danke dafür!

Nach der Sporteinheit des Tages und der danach dringend nötigen Dusche im Schnelldurchlauf ist sowas von Mittagspause angesagt. Der kleine Bube schläft selig eine ordentliche Runde, die kleine Dame ist froh, dass sie mal ungestört mit ihren Bereichen des Tablets schalten und walten darf und ich schaffe meistens noch einen schnellen Einkauf, bevor ich auf der Couch kollabiere, bevor der Nachmittag wieder mit seinem geballten Chaos Fahrt aufnimmt: „Mama, schau, wir haben eure Klamotten zum Verkleiden genommen!“, „Mama, hier ist es total nass, er [der kleine Bube] hat die Wasserflasche selbst aufbekommen – toll, oder?!“, „Ich spiele lieber in eurem Schlafzimmer, in unseren Zimmern liegt überall was auf dem Boden.“, „Mama, wir sollen doch nicht mit den Stiften an die Wand malen, oder?“…

Rausgehen ist eine Herausforderung, nicht nur, weil man hier erstmal Wege finden muss, die nicht voller anderer Eltern mit Kindern sind, denen auch die Bude auf den Kopf gestellt wird, sondern auch, weil ich jedes Mal das Gefühl habe, einen Sack Flöhe Gassi zu führen. Da werden wie wild Pflanzen gepflückt (und zu Hause liebevoll ins Wasser gestellt), Enten, Katzen, Hunde, Raupen und Käfer bestaunt, entgegengesetzte Richtungen gleichzeitig erkundet und Laufgeschwindigkeiten erheblich variiert. Von den Ampeln und dem Erlernen ihrer Grundregeln für die Zweijährigen unter uns will ich gar nicht anfangen.

C745DB14-86F2-4227-84C1-3A2BB9F5181B

Unser Lieblingsweg

07845508-9992-41A4-B186-5A8284CBF202

Ein Team

744FF57D-CF59-498A-BD95-48720ABD2E85

Päuschen mit Aussicht

Nach Abendessen und gefühlten Stunden des Aufräumens bleibt mir nicht mehr viel Zeit, bis ich kapituliere und selbst schlafen gehe. So viel zum Alltag im Lockdown. Auf ein Neues morgen!

Der Wahnsinn im Bild

Kunst im Vorbeigehen

Jegliche Sightseeing-Aktivität muss leider auf bessere Zeiten warten, aber ich habe wenigstens die „25 Porticos: The Color and its Reflexions“ auf Odaiba mal schnell festgehalten, ein Kunstwerk von Daniel Buren, an dem ich oft vorbeikomme. Ein klitzekleines Stückchen Tokio-Tourismus, den ich sehr vermisse.

25 Porticos

25 Porticos von Daniel Buren (1996)

Zeit im Nest

Als Japan vor mittlerweile vier Wochen die Schließung von Schulen, Museen, Zoos und anderen Einrichtungen des öffentlichen Lebens beschlossen hat und wir uns auf einmal von unserem gerade erst eingeschwungenen Alltag verabschieden mussten, sah es in Europa noch völlig anders aus. Wir haben uns gefragt, ob wir für eine Weile zurückgehen sollten, um im Zweifel im eigenen Land unter Ausgangssperre zu stehen, wo wir die bereit gestellten Informationen besser verfolgen und verstehen könnten und um näher bei unseren Lieben zu sein.

Wir sind geblieben und was das heißt, werden wir wohl noch feststellen. Noch haben wir keine Ausgangssperre, aber eine neue Notstandsgesetzgebung für SARS-CoV-2 ist verabschiedet, so dass entsprechende Maßnahmen jederzeit angeordnet werden können, wenn nötig.
Viele Unterhaltungseinrichtungen sind geschlossen und für Geschäfte gelten eingeschränkte Öffnungszeiten, davon abgesehen konnten wir in den letzten Wochen aber einkaufen, auf Spielplätze, in Parks, Restaurants und Shopping Center gehen. Tatsächlich haben wir uns auf Spielplätze und Parks, Spaziergänge und kleinere Radtouren beschränkt.

2B9D83D5-A66E-4C79-8568-04197A63D6EDC5FA8778-1BC4-46FC-A281-773758E0AA24E94964E9-B3EB-49DE-B66A-64CBED2D9FE3F9C7E820-CCB8-4729-BFD8-DFA5CE421076

Es bleibt die Frage, warum Japan scheinbar so glimpflich davon kommt und ob das dicke Ende noch kommt. Es sieht nach letzterem aus. Offiziell gibt es nach Stand von Sonntag 1.084 Infektionen und 41 Todesfälle. Klar ist allerdings auch, dass Japan sich sehr zurückhält, was die ausgeführten Tests angeht. Nicht nötig, sagt die Regierung, sehr wohl nötig sagen andere. Das Auswärtige Amt schreibt in seinem letzten Landsleutebrief (ja, so wird man angesprochen, wenn man sich als im Ausland lebende Deutsche registriert), das Infektionsrisiko in Japan sei nicht seriös einzuschätzen.

Mit der offiziellen Verschiebung der Olympischen Spiele, stellt Tokio nun auf einmal einen deutlichen Anstieg neuer Infektionen fest und verschärft die Vorgaben. Eine Ausgangssperre wird immer wahrscheinlicher. Und wieder leere Regale im Supermarkt. Ähnlich wie in Deutschland werden die neuen Zahlen und das Verhalten der Tokioter am Wochenende zeigen, wie danach verfahren wird. Wir warten weiter.

Eingenistet

Wie der Rest der Welt, verbringen wir während wir warten viiiiiiieeeel Zeit zu Hause in unserem Nest. Mit zwei kleinen Kindern kann ich nicht behaupten, dass ich mich socially distanced fühle. Sozialer Overload trifft es eher. Es ist viel, es ist anstrengend, aber lassen wir die Kirche im Dorf, es geht uns gut. Ich muss nicht arbeiten, so dass die Kinderbetreuung gesichert ist, wir müssen uns erstmal keine Sorgen um einen Arbeitsplatz machen, wir gehören nicht zur COVID-19-Risikogruppe und wir haben Klopapier. Machen wir also das Beste daraus. Nein, nicht aus dem Klopapier.

Pures Gold

Wie sehr viele Mamas und Papas weltweit, bin ich also auf der stetigen Suche nach Indoor-Beschäftigungsmöglichkeiten für meine beiden Mini-Mitbewohner. Mit einer Neubestellung Bücher und einem großen Einkauf an Bastel- und Malutensilien konnte schonmal eine gewisse Grundlage geschaffen werden. Damit haben wir inzwischen Schnecken aus Pappschüsseln und Tonpapier gebastelt, wilde Wasserfarbenbilder und Ausmalbilder gemalt, Ketten gefädelt, Aufkleberkunstwerke geschaffen und unendlich viel Chaos produziert. Die kleine Dame hat mit großer Hingabe ein ABC-Buch beschriftet und illustriert – einer der tollen Tipps ihres Lehrers. Seitdem kann sie jeden Buchstaben des Alphabets schreiben, vorher fehlte etwas die Motivation, es zu versuchen. Ich bin ja sehr großer Fan vom X (sieht Bild).

CF967A3D-BE1B-4FAD-B061-85CECE805FBF

P für Pineapple

1E1844DB-1DD2-42A0-8EAA-0AB8804B518B

X für X-Ray von einem Fuß (das L ist ganz klar ein Unteschenkel mit Fuß!)

Wir haben uns auch an Salzteig versucht, aber entweder ist das japanische Mehl ist nicht wirklich geeignet oder ich. Oder beides, jedenfalls ist außer einer riesigen Sauerei nicht viel dabei herausgekommen. Sehr zu empfehlen als Beschäftigung ist allerdings ein Fotoalbum. Die kleine Dame macht sehr gerne Bilder mit ihrem Fotoapparat und hat sich gewünscht, ein eigenes Album zu machen. Dank Konbinis an jeder Ecke (Convenience Stores wie 7-Eleven oder Lawson heißen in Japan kurz Konbini – einfach beide Worte mal laut aussprechen, dann macht es Sinn) war die Beschaffung der Materialien kein Problem. Jedes Konbini hat einen Sofort-Fotodrucker und auch eine Auswahl an Notizbüchern, die sich gut zu einem Album umfunktionieren lassen. Voilà – ein zeitintensives Projekt kann gestartet werden.

Scrapbook meets Fotoalbum

Bewegung im Irrenhaus

Jeden Morgen machen die beiden Aktivitätsjunkies mit großer Hingabe Kinder-Yoga, ansonsten rennen sie auch gerne einfach wie gestört durch die Wohnung und machen aus jedem Möbelstück ein Turngerät. Oder aus mir – tolles mobiles Turngerät, ich. Ganze Welten werden aus LEGO erschaffen, der gesamte Fuhrpark wird in Reih und Glied geparkt, das Hexenkleid von Halloween und das Elsa-Kostüm werden getragen (ersteres bevorzugt vom kleinen Buben) und DVDs werden aus ihren Hüllen befreit (2 Verluste bisher). Ganze Buchreihen werden vorgelesen oder durchgeblättert und eigene Geschichten erzählt. Ich fühle mich wie in einer Art kreativem Irrenhaus. Ich weiß nur nicht so genau, ob ich Pflegepersonal oder Patient bin.

Kinder-Yoga

Die letzten beiden Tage vor den Schließungen habe ich übrigens noch gewinnbringend nutzen können. Ich hatte zwei Kochkurse gebucht und so noch schnell lernen dürfen wie man Ramen (japanische Nudelsuppe), Gyōza (japanische Abwandlung chinesischer Teigtaschen) und Temari-Sushi (zu Bällen gerolltes Sushi) zubereitet. Sehr nützlich, gerade wenn man danach viel zu Hause ist und isst. Die kleine Dame kann inzwischen auch schon hervorragend ihre eigenen Temari-Sushi-Bälle machen, der Bube nimmt sie lieber wieder auseinander und isst die Bestandteile einzeln. Jeder, wie er mag. Itadakimasu (wird an gleicher Stelle wie unser „Guten Appetit“ gesagt, heißt aber so viel wie „Danke für das Essen“).

Zeichensprache

Meinen Intensiv-Sprachkurs musste ich leider verschieben, aber immerhin hat die viele Zeit zu Hause auch mehr Gelegenheit geboten, zu üben und ich kann voller Stolz sagen (man stelle sich an dieser Stelle bitte Tom Hanks in „Cast Away“ vor, wie er nach langer Zeit schweißtreibenden Übens verkünden konnte: „Ich habe Feuer gemaaaaacht!“) – Achtung, jetzt ich – Ich kann Hiraganaaaaaaa!!!
Ich habe das erste japanische Zeichensystem intus und übe seitdem an JEDEM Schild, das mir begegnet. Wenn jemand also eine murmelnde Frau durch Tokio wandeln sieht: Ich lese Hiragana!

Üben, üben, üben

Sakura

Jeder Krisenstimmung zum Trotz hat in Tokio die Sakura-Saison begonnen. Was in Deutschland einer von vielen blühenden Bäumen im Frühling ist, ist in Japan DER blühende Baum. Oder besser unzählige davon. Tausende Kirschbäume aller Art stehen in Parks, an Straßen, entlang der Flüsse oder auf Spielplätzen in voller Blüte. Und selbst in diesem Jahr, in dem die üblichen Festivitäten rund um die Kirschblüte abgesagt werden mussten, spürt man die Magie, die Sakura in Japan hat.

Benni und ich haben einen kleinen Hanami-Spaziergang am Meguro-Fluss gemacht. Man bleibt stehen, um sich die Blüten anzusehen, macht Fotos, trinkt rosa Sakura-Sekt und genießt Hanami. Alleine, dass es ein eigenes Wort für das Betrachten der Kirschblüten gibt, sagt schon alles über den Stellenwert, den Sakura hier hat. Ein schönes Innehalten.

99620472-EDD1-4989-9763-218E5C14B41776B5EBCC-AFC2-4A22-97D1-781228C30CE06AC37429-F255-43EA-BC8F-E159829D6A8C7BA7C53F-1F3D-4F20-AED0-963188E2B953

Passt gut auf euch auf.

Nachholbedarf

So. Ich bin so lange nicht zum Schreiben gekommen, dass ich wohl offiziell sagen kann: ich bin angekommen. Angekommen im ganz normalen Alltag in Tokio. Meine Vormittage sind mit Erkundungstouren, Einkäufen, Hausarbeit, Kursen und ab und zu inzwischen sogar mit Treffen mit einer anderen Mama gefüllt. Nächsten Monat mache ich dann noch einen Intensivsprachkurs 4 Tage die Woche, da wird es morgens noch voller. Meine Nachmittage gehören meinen unerschrockenen Nachwuchsexpats. Wenn dann ab 20.30 Uhr wieder Ruhe einkehrt, schaffe ich meistens noch etwa 10% von den geplanten Tätigkeiten, dann ist Schicht im Schacht. Nicht, dass das in Deutschland anders war. Ganz normaler Alltagswahnsinn in immer gewohnterer Umgebung also.

Was aber hatte besagte Umgebung in den letzten Wochen so zu bieten für uns? Nach einem wirklich schönen Weihnachtsurlaub in Deutschland, sind wir am 31.12. nachmittags wieder in Tokio gelandet. Nach einem Einkauf und dem üblichen Auspack-Wahnsinn wurde noch ausgiebig mit allen Weihnachtsgeschenken aus Deutschland gespielt, die endlich alle aus ihren diversen Taschen und Koffern befreit waren und voll und ganz zur Verfügung standen. Wer jetzt glaubt, es gab dann noch das große Silvesterfeuerwerk wenigstens für die größeren Familienmitglieder – keine Chance. Aus gleich zwei sehr entscheidenden Gründen. Nummer 1: Wir haben tief und fest geschlafen. Nummer 2: In Japan gibt es üblicherweise kein Silvesterfeuerwerk. Es wird im Gegenteil eher ruhig im Kreis der Familie gefeiert und das Neue Jahr wird am nächsten Tag mit dem Besuch eines Schreins begrüßt. Den Teil mit der Ruhe und der Familie haben wir also tadellos japanisch gemeistert. Die letzten freien Tage haben wir den Jetlag von der Leine gelassen und es außer einem Abend zu zweit in Ginza und einem Ausflug nach Odaiba alle zusammen seeeehr langsam angehen lassen. Frohes Neues Jahr der Ratte!

C24EDEAD-D6E4-49DB-8A25-D137FDC5AD99

Die Rainbow-Bridge hat sich hübsch gemacht für unsere Rückkehr

E1C6D833-C1CF-40B7-AF0D-840FAEDD2409

Kunst von Klaus Haapaniemi in einem von Ginzas Einkaufstentren

Spielerischer Auftakt

Wieder halbwegs in den normalen Wochenablauf gestartet, haben wir uns als erstes neues Ausflugsziel des Jahres das Spielzeugmuseum In Shinjuku ausgesucht. Anders als im Spielzeugmuseum in München, darf hier allerdings nach Herzenslust mit allen Exponaten gespielt werden. Lernspielzeug, traditionelles japanisches Spielzeug, Holzspielzeug, Musikinstrumente, Motorikspielzeug, es gab viel zu entdecken.

Schnitzeljagd durch Tokio

Kommen wir zu einer sehr kreativen Idee der U-Bahngesellschaft Tokyo Metro – Achtung, wir betreten ein wenig Nerd-Land! Wer kennt Escape-Games? Räume, in denen mehrere Spieler versuchen Rätsel zu lösen, Codes und Schlösser zu knacken und mit ganz unterschiedlichen Rahmenhandlungen kleine Geschichten durchzuspielen, die alle am Ende dazu führen sollen, den Raum als Sieger wieder verlassen zu können. Liebt man oder hasst man, schätze ich. Ich finde sie großartig. Ich mag schon die Brettspielvariante für zu Hause, aber die echten Spiele umso mehr. Benni und ich haben uns letztes Jahr schon durch Frankfurts, Dubrovniks und Wiens Escape Rooms gepuzzelt, was das Zeug hält. Da es aber nicht wirklich eine kleinkindtaugliche Freizeitbeschäftigung ist, kommen wir nicht so oft dazu. Hier in Tokio haben wir noch nicht mal danach gesucht bisher.

Nun habe ich aber dank Tokyo Metro einen unterhaltsamen Ersatz gefunden: the Underground Mysteries (jetzt bitte Trommelwirbel vorstellen). Jedes Jahr im Herbst erscheint eine neue Ausgabe des Live-Rätsels. Man kauft sich an einer der Stationen ein Spieleset und erhält ein Täschchen mit Heft, Stift und mehreren Umschlägen oder anderen Gegenständen, die man noch nicht näher untersuchen darf. Dann geht es los: das Heft leitet durch das Spiel, das einen zu verschiedenen Bahn-Stationen der Tokyo Metro führt, welche man vorher jeweils erst errätseln muss. Dann muss man ein oder meist mehrere Rätsel an dem erratenen Ort lösen und weiter geht’s. Es ist also eine Mischung aus Schnitzeljagd und Escape-Game. So bin ich schon durch Kōtō gestreunert, um Bildern auf dem Bürgersteig zu folgen. Oder mysteriösen Handabdrücken in Hibiya auf den Grund gegangen. Zur jeweiligen Station gibt es dann noch Tipps und Informationen zur Umgebung wie zu Museen, Cafés, Restaurants, Parks etc., die es sich lohnt anzusehen. So führt einen das Spiel durch Tokyo und konzentriert sich dabei auf die nicht so bekannten Seiten der Stadt, die man damit auch mal kennen lernt. Unterwegs habe ich schon viele andere Rätsellöser mit dem Heft in der Hand gesehen, es scheint sowohl Tokiotern als auch Touristen gleichermaßen Spaß zu machen.

Leider werde ich das Spiel diese Saison nicht mehr abschließen können, da es Ende Februar beendet wird und inklusive der ganzen Bahnstrecken wirklich Zeit kostet. Nächstes Mal fange ich gleich im Oktober damit an.

32D5F699-0C44-4C1F-8DDD-A7786A7A8B1C

Rätselmaterialien

6E494779-B449-4316-BDB1-055ED5A006E7

Auf Bildersuche

6206E6E4-EFE4-434E-AC99-83C90A55BC11

Handabdrücken auf der Spur (Denkt noch jemand an Han Solo?!)

Roboterkarneval

Neben Pet-Cafés, psychedelisch bunten Einkaufsstraßen oder Monster-Café ist auch das Robot Restaurant in Shinjuku ein beliebtes Ziel für Touristen und ein weiteres Beispiel für abgedrehtes japanisches Unterhaltungsprogramm. Es war ohnehin mal wieder an der Zeit für ein bisschen Irrsinn, da traf es sich ganz gut, dass Bennis Chef zu einem Teamevent mit Anhang einlud: Besuch des Robot Restaurants mit anschließendem Abendessem in einem Shabu-Shabu Restaurant. Wer sich jetzt fragt, wieso es zwei Restaurants hintereinander sein müssen, dem sei versichert, dass das Robot Restaurant streng genommen weder mit Robotern noch mit einem Restaurant viel gemeinsam hat. Man kann zwar ein paar fragwürdige Chickenteile oder Popcorn ordern und jede Menge zum Großteil ferngesteuerte Maschinen bewundern, das war es aber auch mit dem kulinarischen oder roboterartigen Anteil. Dafür wird eine völlig abgedrehte 90-minütige Show geboten, die mich abwechselnd amüsiert und befremdet hat und insgesamt etwas ratlos zusehen ließ. Auf riesigen fahrbaren Aufbauten tanzen und bekämpfen sich Helden und Unholde in einem großen Spektakel aus Musik, Lasershow und Schauspielkunst. Ein bisschen wie eine Mischungs aus Karnevalsumzug und skurrilem Theater. Helau!

4E69CE04-8A23-4E21-8371-9152F4D3E7AB19CC701C-43D3-4E2E-BEFC-5CD1760DA9C9B9F1D662-B216-43A0-B842-AD59FEC7BAF7AD29ED77-3CC5-43D4-96BB-50EDEA7DA7CDFF88EE10-61CC-4E01-86CD-3A5DA64A3BBE

Danach ging es dann wie geplant noch zum Essen. Shabu-Shabu ähnelt unserem Fondue. Sehr dünn geschnittenes Fleisch und Gemüse wird am Tisch in kochendem Sud gegart und anschließend in Soße gedipt. Sehr lecker und ein schöner Abschluss des Abends.

Raus aus Tokio

Im Februar durften wir auch mit Adrian unseren ersten Gast in Tokio willkommen heißen. Adrian und ich kennen uns schon seit dem Kindergarten (also inzwischen erschreckend lang) und ich habe mich sehr über seinen Besuch gefreut. Vieles habe ich mit ihm noch ein zweites Mal gesehen, aber es bot sich so auch an, Tokio mal hinter uns zu lassen und etwas Neues zu machen.

Kamakura ist nur etwa eine Stunde mit dem Zug entfernt von Tokio und war vom 12. bis 14. Jahrhundert Regierungssitz Japans. Von den vielen vorhandenen Sehenswürdigkeiten haben wir uns vor allem die Tempel Hōkuku-ji und Kōtoku-in ausgesucht. Ersterer ist bekannt für seinen wunderschön angelegten Bambuswald, der Kōtoku-in für seinen Daibutsu, einen riesigen, über 13 Meter hohen bronzenen Buddha aus dem 13. Jahrhundert. Kamakura ist ein willkommener Kontrast zu Tokio und auf jeden Fall einen Besuch wert.

1FDDEEF1-9CAC-4745-B779-6DE0998AF551

Bambuswald des Hōkoku-ji

DAB9C43F-7A92-4DF4-BCE4-5291D80F6BAAC0AE627B-757A-4769-9F61-21BB366DAE267DBC4755-63A7-47F4-AC3E-6ECAC07A8AC6

82167ADD-D760-49C5-9022-9C76CA3D70FB

Daibutsu

Neue Perspektive

Mit Adrian war ich auch noch einmal auf dem Tokyo Tower, der bei gutem Wetter aber immer etwas hermacht, auch wenn er mittlerweile so etwas wie der alte Herr der Aussichtspunkte ist. Was ich noch nicht wusste: man kann ab dem Main Deck auch die Treppe nach oben nehmen. Oder man macht es wie wir und nimmt sie einfach auf dem Rückweg nach unten und hat während des Abstiegs diesen Teil des Turms ganz für sich alleine.

6C5009E2-2604-4BEC-9FDB-D4EF3E0638138E16EF1A-95A4-443D-998C-DE80602D0B5C13B867B7-76A4-4614-A9CB-B20B42DD29C8

Sammlerstücke

Schon letztes Jahr hatte ich von Nagomi Visit gehört, einer Organsiation, die Japaner und Ausländer buchstäblich an einen Tisch bringt. An den Tisch der japanischen Gastgeber um genau zu sein. Beide Seiten können sich registrieren, um für die jeweilige Gegend ein passendes Treffen entweder zum Mittag- oder Abendessen zu vereinbaren. Dann trifft man sich an der nächstgelegenen U-Bahnstation und wird von den Gastgebern in ihre Wohnung begleitet, wo ein hausgemachtes Essen und kultureller Austausch warten. Ich fand die Idee sehr schön und hatte es schon auf meiner To-Do-Liste, als Adrian auch vorschlug, Nagomi Visit auszuprobieren.

So vereinbarten wir ein Treffen mit einem Pärchen aus dem Stadtteil Ōsaki und wurden sehr herzlich empfangen und bekocht. Izumi und ihr Mann, dessen Name mir schändlicherweise entfallen ist, waren bestens vorbereitet, schließlich waren wir schon die 41. Besucherrunde, die sie zu Gast hatten. So war der Selfie-Stick für das Gruppenfoto schon fertig in Position installiert, die Menükarten vorbereitet und das Gästealbum bereit gelegt. Ein bisschen wurden wir das Gefühl nicht los, wie lebendige Trophäen in das Sammelalbum der ausländischen Gäste eingefügt zu werden, aber alles auf eine sehr liebenswerte Art. Man ist ja auch nicht alle Tag ein Exot.

Izumis Mann hatte sich vorab extra die Mühe gemacht, unsere Namen auf Kanji zu übersetzen und Visitenkarten mit den einzelnen Bedeutungen vorbereitet. Die Übersetzung in Kanji ist streng genommen rückwärts, da jedes Kanji in der Regel eine eigene Bedeutung hat und dementsprechend Worte und Sätze gebildet werden. Da unsere Namen keine Bedeutung haben, bzw. diese für einen Japaner nicht ohne weiteres auszumachen sind, hat unser Gastgeber die Kanji nach ihren Lauten zusammengesetzt, so wie man es in Hiragana und Katakana tun würde. Simone setzt sich nach dieser Methode aus den Kanji für Baum, Knospe und Geräusch zusammen. Gestatten: Baumknospengeräusch.

Unsere schicken neuen Namen hat er dann noch genutzt, um uns Shodō, also die Kunst der Kalligrafie, vorzuführen. Danach durften wir uns auch selbst mit dem Pinsel versuchen. Sehr interessant und eine schöne Idee, um uns japanische Traditionen näher zu bringen. Satt, zufrieden und reich beschenkt mit unseren Visitenkarten, einem Tengui (japanisches Tuch, das als Geschenkverpackung, Geschirrtuch, Tischläufer oder ähnliches verwendet werden kann), einer Brosche und unserer Shodō-Kunst wurden wir schließlich verabschiedet.

F03451D5-8B07-48CB-8EFF-10C8CE689E7EE8E99A75-5643-4A11-B161-CFFE302F8028

9F0D52F5-74E0-4817-BE62-3B225DC4FEC8

Shodō

546D6565-DCF7-4C90-A4C2-EEF620BC0AC5

Mein Versuch

812AEE1C-F7B1-4671-96B1-90F54FE8DE5D

Reich beschenkt

Ein paar Worte zu COVID-19

Neben allen schönen und alltäglichen Dingen, die uns hier begegnen, betrifft uns natürlich, wie den Rest der Welt auch, das Coronavirus. Aktuell gibt es 870 gemeldete Fälle einer Erkrankung in Japan, 709 davon stehen in Zusammenhang mit den Erkrankungsfällen auf dem Kreuzfahrtschiff Diamond Princess. Letzteres darf man nicht außer Acht lassen, um die Beunruhigung vorerst nicht zu groß werden zu lassen.
Japans Gesundheitsministerium reagiert aktuell mit folgenden Verhaltensempfehlungen:

  • mit Erkältungsanzeichen zu Hause bleiben und Besuche in Krankenhäusern unterlassen
  • große Menschenmassen vermeiden
  • häufiges und gründliches Händewaschen
  • beim Niesen Mund und Nase bedecken

Zusätzlich empfiehlt die Regierung allen Arbeitgebern, ihren Mitarbeitern Homeoffice zu ermöglichen, gestaffelte Arbeitszeiten zu erlauben, um die Rush-Hour in Zügen zu vermeiden, und sicherzustellen, dass Mitarbeiter mit Erkältungssymptomen Krankheitstage nehmen können.

Masken und Handdesinfektionsmittel sind ausverkauft, was zum Teil zu kreativen DIY-Lösungen aus selbstgenähten oder zusammengetackerten Papiertüchern/Kaffeefiltern etc. führt. Was ihre Masken angeht, werden Japaner wohl an einem wunden Punkt getroffen, wenn es hierbei zu Lieferengpässen kommt. Experten weisen jedoch immer wieder darauf hin, dass eine gründliche Handhygiene sehr viel effektiver ist, als das Tragen von Gesichtsmasken. Masken helfen allerdings, sich gerade unterwegs nicht ins Gesicht zu fassen und damit Krankheitserreger zu verteilen. Solange wir noch Masken im Haus haben, benutze ich sie daher für Fahrten mit der Bahn, achte aber vor allen Dingen bei uns allen auf häufiges Händewaschen.

Abgesehen davon verfolgen wir aufmerksam die Berichterstattung und versuchen, uns nicht unnötig zu beunruhigen.

E7FC3C4D-DB44-4C19-B951-333E8FDC07A2

 

 

Jede Menge Lichter

Jetzt leben wir seit fünf Monaten in Tokio und haben die wichtigsten Schritte in einen funktionierenden Alltag gemeistert. Was wir aber noch nicht geschafft hatten, war abends zu zweit auszugehen. Die Einladung zum bōnenkai des Kindergartens war dann ein willkommener Grund, das zu ändern. Bōnenkai ist eine japanische Jahresabschlussparty, zu der gerne viel getrunken wird. Im Prinzip die Entsprechung unserer Weihnachtsfeier im Kollegenkreis. Nachdem die Kinder sich im Kindergarten gut eingefunden haben und englischsprachige Betreuung inzwischen gewöhnt sind, haben wir es vor dem bōnenkai auf einen Babysitting-Testlauf ankommen lassen. Aoki-san, eine muntere ältere Dame, die bereits in den USA und in Kanada gelebt hat und damit perfektes Englisch spricht, hat sich hervorragend um Bube und Dame gekümmert und beide entspannt ins Bett gebracht, während wir die Zeit genutzt haben, um uns eine brandneue Attraktion in Shibuya anzusehen.

Shibuya Sky

Auf dem Dach des erst Anfang November eröffneten neuen Hochhauses Scramble Square kann man auf 230m die Aussicht auf einer Plattform unter freiem Himmel genießen. Wie Ameisen sehen die Menschen auf der berühmten Shibuya-Crossing von da oben aus und gerade im Dunkeln ist es ein wirklich schöner Blick auf die Lichter der Stadt.

82BB011C-36D2-4D0D-B8D0-2C1CBB273AB1A765318C-9E03-4959-953A-92206E1E49A8

Shibuya Crossing

Shibuya Crossing

Da Bube und Dame das Babysitting mit Bravour mitgemacht hatten, konnten wir dann auch ein paar Tage später unser bōnenkai genießen. Feine Sache.

Sonntag war uns erst am Nachmittag nach Unternehmung und da wir die Woche vorher das Gasmuseum gerade noch so anschnuppern konnten, bevor es auch schon wieder zu machte (das wird nochmal wiederholt, ähnlich wie schon das Wassermuseum ist es nämlich toll gemacht), haben wir uns diese Woche für den lang geöffneten Maxell Aqua Park in Shinagawa entschieden. Mitten in einem Hochhaus untergebracht, gibt es jede Menge Meerestiere zu besuchen, die besonders der Bube ganz fantastisch fand. „Blubb, blubb!“ rief er schon auf dem Hinweg in Endlosschleifen und drückte sich an jeder Glasscheibe die Nase platt. Nach Karussellfahrt und Delfinshow war er dann endgültig beeindruckt und die kleine Luke ging kaum wieder zu.

 

Kurisumasu (クリスマス)

Da wäre dann noch das Thema Weihnachtszeit. Trotz aller Hektik und Termine und der Tausend Dinge, die gefühlt exakt vier Wochen vor Weihnachten auf einmal da sind und unbedingt noch im alten Jahr erledigt werden wollen, liebe ich die Weihnachtszeit. Weihnachtsmärkte, Plätzchen backen, Deko im Haus verteilen, Geschenke besorgen, Weihnachtsmusik, Lebkuchen, Glühwein, einfach alles schön! Mir egal, wie kitschig das ist, alles schön, Punkt.

So. Jetzt bin ich also in einem Land gelandet, in dem das Christentum eine eher untergeordnete Rolle spielt – auch wenn der Pabst gerade hier vorbei geschaut hat – und die meisten Menschen, wenn religiös, dann im Shintō oder im Buddhismus zuhause sind. Wie also ist das wohl mit Weihnachten in Japan? Naja, es wird gefeiert. Auch hier. Auch ohne Christentum, aber wenn wir mal ehrlich sind, ist die Religion auch in Deutschland nicht immer der Star des Festes. Aber Japan wäre nicht Japan, wenn es nicht seine eigene Interpretation eines Weihnachtsfestes hervorgebracht hätte. Ist hier Neujahr das eigentliche Familienfest, gibt es an Weihnachten zwar auch eine Santa-Clause-Version für die Kinder, aber vor allen Dingen ist es ein Abend für Paare. Also eher so eine Art Date Night mit Weihnachtsbeleuchtung. Und letzteres wird visuell gewohnt bombastisch umgesetzt. Ganze Straßenzüge sind jetzt in aufwendige Lichtinstallationen verpackt und fügen dem ohnehin schon bunt und hell erleuchteten Tokio noch mehr Lichterglanz hinzu. Leider sehe ich vergleichsweise wenig der Beleuchtung, da ich abends eher selten unterwegs bin, aber das, was ich bisher gesehen habe, ist wirklich schön.

Das war es dann aber, das mir hier ein bisschen Weihnachtsstimmung macht. Weihnachtsmärkte werden hier auch gerne mal probiert (meist als Bestandteil einer Shoppingmall), aber es bleibt wie auch das Oktoberfest bei einem Versuch. Also hören wir zu Hause Weihnachtslieder rauf und runter und haben uns eine Weihnachtsbaum-Winzling und eine Lichterkette gegönnt. Und die Kinder freuen sich jeden Tag über ihren Adventskalender. So verbringen wir exakt die Hälfte der Adventszeit in japanisch-deutschem Weihnachtsspagat, dann geht es nach Deutschland in die echte Weihnachtszeit mit Freunden und Familie.